Potsdamer Neueste Nachrichten
von Susann Fischer, Thorsten Metzner
CDU-Vize Sven Petke will Adressen entlassener Sex-Täter veröffentlichen – breiter Widerstand
Potsdam – Mit einem Vorstoß für einen öffentlichen Internet-Pranger für entlassene Sexualstraftäter hat Brandenburgs CDU-Innenexperte und Vizeparteichef Sven Petke heftigen Wirbel ausgelöst. Die Forderung Petkes nach einer Veröffentlichung der persönlichen Daten entlassener Sexualtäter, mit denen er die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) unterstützte, stieß am Mittwoch auf ungewöhnlich breiten Widerstand jenseits der klassischen Fronten: Nicht nur SPD und Linke im Landtag, auch FDP und Grüne lehnten einen Internetpranger strikt ab. „Der CDU-Vorschlag schafft weniger Sicherheit, nicht mehr“, erklärte dazu Justizminister Volkmar Schöneburg den PNN. „Wenn ein Sexualstraftäter weiß, dass man ihn nach seiner Haftentlassung an den öffentlichen Pranger stellt, wird er sich gewiss schon in der Haft einer Therapie verweigern.“ Damit aber werde die Integration des Haftentlassenen „in die Gesellschaft im schlimmsten Fall unmöglich“ gemacht. Schöneburg warnt vor einer „fatalen“ Folge: „ Nach der Haft ist der Täter gefährlicher als zuvor. Die Pranger-Wirkung verschärft das Sicherheitsrisiko.“
Petke hatte den Vorstoß damit begründet, dass nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zahlreiche gefährliche Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen. Es müsse auf diese Druck ausgeübt werden, damit sie nicht rückfällig werden, sagte er. Sie mit elektronischen Fußfesseln zu versehen, reiche nicht aus. Es sei erwiesen, dass die Täter am ehesten dann wieder rückfällig werden, wenn sie unbeobachtet seien. Die Sicherungsverwahrung kann unter anderem für Sexualstraftäter verhängt werden, die auch nach der Verbüßung ihrer Haft als gefährlich gelten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai aber alle gesetzlichen Vorschriften zur Sicherungsverwahrung als verfassungswidrig verworfen und Neuregelungen innerhalb von zwei Jahren verlangt.
Zuvor hatte bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention bezeichnet. Seitdem mussten bereits mehrere Straftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. In Brandenburg sind nach Angaben des Justizministeriums derzeit acht Menschen in Sicherungsverwahrung, der erste muss 2014 entlassen werden.
Vor Petke hatte Rainer Wendt, Bundes- Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nach dem Rückfall eines Sexualstraftäters in Dortmund verlangt, Namen, Fotos und Adressen entlassener Schwerkrimineller auf Internetseiten der Polizei zu veröffentlichen. Die Bürger hätten ein Recht zu erfahren, wo sich solche Menschen aufhalten. Dagegen sagte die brandenburgische Grünen-Landtagsabgeordnete Marie Luise von Halem, ein Internet-Pranger würde der Lynchjustiz Tür und Tor öffnen. Zudem würden durch die Veröffentlichung der Adresse noch keine neuen Straftaten verhindert. Wichtig sei eine Resozialisierung durch ein professionelles Team. Außerdem müssten schnell neue Regelungen für die Sicherungsverwahrung gefunden werden. Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg forderte ebenfalls eine zügige Neuregelung der Sicherungsverwahrung. Ein Internet-Pranger gehöre nicht in den Rechtsstaat. Es diene auch nicht der Sicherheit, die Menschen durch solche Veröffentlichungen aufzuwiegeln. SPD-Sprecher Matthias Beigel betonte, die Täter, die eine Gefahr für die Allgemeinheit seien, gehörten hinter Schloss und Riegel. Deshalb müsse die Sicherungsverwahrung neu geregelt werden. Entlassene Täter hingegen müssten resozialisiert und nicht isoliert werden. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Brandenburg ist gegen die Veröffentlichung. Sekretär Michael Peckmann sagte, Menschen an den Pranger zu stellen sei nicht mit dem deutschen Rechtssystem vereinbar. Der Linke-Abgeordnete Andreas Bernig sagte: „Ich würde gerne mal unfähige Politiker an den Pranger stellen, die den Rechtsstaat infrage stellen.“ Petkes Forderung sei gefährlich. Sicher müsse alles getan werden, um potenzielle Opfer zu schützen. Jedoch seien auch entlassene Straftäter Menschen. Sie hätten gebüßt, und nach ihrer Entlassung müssten sie resozialisiert werden statt sie der Selbstjustiz von Bürgern auszusetzen. Susann Fischer, Thorsten Metzner