Dresdner wollen mit Menschenkette und Mahnwachen gegen Großaufmärsche von Neonazis protestieren

Foto: dapd
Dresden (dapd-lsc). Die Aktion hat Dresden vor einem Jahr international Anerkennung eingebracht: 15.000 Menschen bildeten erstmals eine Menschenkette um die historische Altstadt und protestierten damit friedlich gegen den größten Aufmarsch von Neonazis in Europa. Weitere 12.000 Demonstranten blockierten die Marschrouten der rund 6.000 Rechtsextremen. Sie verhinderten damit, dass der 13. Februar als Jahrestag der zerstörerischen Bombenangriffe 1945 auf Dresden von Neonazis missbraucht werden konnte. Für den bevorstehenden 13. Februar ist wieder eine Menschenkette geplant. Doch die Rechtsextremen haben ihre Strategie geändert.
Ein zusätzlicher Neonazi-Aufmarsch ist für den 19. Februar angemeldet. „Ziel dieses Aufmarsches ist es, die Auflagen der Stadt und geplanten Blockaden am 13. Februar zu umgehen und den Protest aufzuspalten“, erklärt Verfassungsschutz-Sprecher Falk Kempf. Die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) schließt nicht aus, dass am 19. Februar der eigentliche Großaufmarsch stattfindet. „Die Neonazis haben erkannt, dass sie am 13. Februar keinen Fuß mehr in die Tür kriegen. Aber auch für den 19. Februar sind wir vorbereitet“, kündigte Orosz an. Eine zweite Menschenkette soll es allerdings nicht geben, protestiert wird unter anderem mit Mahnwachen vor Kirchen.
Dresden war am 13. und 14. Februar 1945 durch alliierte Bombenangriffe schwer zerstört worden. Bis zu 25.000 Menschen starben in den Flammen, ein Großteil der Stadt fiel in Schutt und Asche. In den vergangenen Jahren hatten Rechtsextremisten versucht, den Tag für ihre Zwecke umzudeuten und zu missbrauchen. Der Protest Zehntausender Menschen im vergangenen Jahr fand weltweit Anerkennung, Blätter wie die „New York Times“ lobten die Zivilcourage der Dresdner. Dem Bündnis gegen die Rechtsextremisten gehören auch in diesem Jahr die Stadt, demokratische Parteien, Kirchen, die jüdische Gemeinde Dresden, die Technische Universität, Gewerkschaften sowie Sportvereine und Verbände an.
Die Organisatoren und Polizei stehen allerdings auch in der Kritik. Der Umstand, dass die Menschenkette um die Altstadt bereits um 14.00 Uhr beendet werden soll, obwohl der Neonazi-Aufmarsch erst um 15.00 Uhr beginnt, stößt auf Unverständnis. So könne der Eindruck entstehen, dass den Rechtsextremen letztlich doch der Weg freigemacht werde, kritisiert beispielsweise der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi.
Dresdens Polizeipräsident Dieter Hanitsch zog unlängst Kritik auf sich, als er Blockaden gegen den Aufmarsch als unrechtmäßig bezeichnete. Die Polizei müsse das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ermöglichen, betonte Hanitsch. Das gelte auch für zugelassene Neonazi-Aufmärsche. Er reagierte damit auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden, wonach die Polizei am 13. Februar 2010 den gescheiterten Aufzug der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) hätte gewährleisten müssen.
„Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und bedeutet daher erst einmal wenig“, erklärt Gerichtssprecher Robert Bendner. Noch fehle die Urteilsbegründung, außerdem könne ein Antrag auf Zulassung einer Berufung gestellt werden. Und der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hagen Husgen, gibt zu bedenken, dass es kaum genug Polizisten geben werde, um linke Demonstranten wegzutragen.
Tausende Menschen werden zu den Protesten gegen die Aufmärsche erwartet. 10.000 sollen es allein bei der Menschenkette am 13. Februar sein, die diesmal auch über zwei Elbebrücken bis zur Neustadt führen soll. Am 19. Februar wollen zudem zahlreiche Bundestagsabgeordnete wie Wolfgang Thierse (SPD), Petra Pau (Linke) und Hans-Christian Ströbele (Grüne) an Protestaktionen und Mahnwachen in Sachsens Landeshauptstadt teilnehmen.
Wie viele Rechtsextremisten versuchen werden, durch die Stadt zu ziehen, ist laut Stadtverwaltung bislang unklar. „Wir wollen erneut ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Frieden und Demokratie setzen“, sagt Orosz. In Dresden sei kein Platz für Neonazis. Zugleich solle im stillen Gedenken an den Tod der vielen Dresdner während der Bombenangriffe erinnert werden.
dapd

Erschienen am 05.02.2011

© Copyright dapd Nachrichtenagentur GmbH

Im Archiv stöbern