Berliner Morgenpost, 22.07.2010
Alkoholmissbrauch
Jugendliche hat die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 2010 aufgegriffen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es mit 1083 Vorfällen noch 243 mehr, teilte die Polizei gestern mit. 45 der in diesem Jahr Aufgegriffenen waren erst 12 oder 13 Jahre alt, 248 Jugendliche waren 14 und 15 Jahre alt und beim größten Teil – 547 Jugendliche – lag das Alter bei 16 und 17 Jahren.
Trotz der laut Statistik gesunkenen Zahl alkoholisierter Kinder und Jugendlicher geht die Polizei weiterhin von einer hohen Dunkelziffer aus.
Bei männlichen Kindern und Jugendlichen beträgt der Rückgang der Vorfälle 30 Prozent, bei weiblichen nur fünf Prozent. Die Statistik unterscheidet ferner zwischen jenen, die „nur“ alkoholisiert angetroffen wurden (174 Jungen und 182 Mädchen), und solchen, die unter Alkoholeinfluss Straftaten begangen haben (431 Jungen und 53 Mädchen).
Gestern in den frühen Morgenstunden mussten Beamte der Bundespolizei einen stark alkoholisierten 16-Jährigen vorübergehend festnehmen. Der Jugendliche hatte gemeinsam mit vier Komplizen in Lichtenrade den Innenraum einer S-Bahn beschmiert. Bei einer Bestimmung seines Blutalkoholgehalts stellten die Beamten bei ihm einen Wert von 2,23 Promille fest. Die Polizei alarmierte einen Rettungswagen der Feuerwehr, der den betrunkenen Jugendlichen in ein Krankenhaus gebracht hat.
Erst vor einer Woche hatten Passanten in Marzahn ein alkoholisiertes Kind entdeckt. Der zwölfjährige Junge lag mit 1,5 Promille im Blut regungslos in der Grünanlage an der Wuhletalstraße. Nach ambulanter Behandlung in einem Krankenhaus konnte der Junge von seiner Mutter abgeholt werden.
„Bei Alkoholmissbrauch sollten die Eltern der Kinder und Jugendlichen zur Kasse gebeten werden. Denn schließlich tragen sie die Verantwortung für ihre Kinder“, sagt Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Jeder Polizeieinsatz koste die Allgemeinheit mehrere Hundert Euro. Jährlich kämen so Beträge von mehreren Zehntausend Euro zusammen – Geld, das an anderer Stelle fehle.
Die Polizei kontrollierte im ersten Halbjahr 2010 bei 77 Einsätzen – davon 74 Einsätze gemeinsam mit den Jugend- beziehungsweise Ordnungsämtern der Bezirke – in 489 Kneipen, Clubs oder Bars (erstes Halbjahr 2009: 394) die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen. 550 Ordnungswidrigkeitsverfahren (Vergleichszeitraum des Vorjahres: 343) wurden eingeleitet, unter anderem wegen unerlaubter Alkoholoder Tabakabgabe, unerlaubten Aufenthalts sowie fehlenden Aushangs der Jugendschutzbestimmungen. Meist arbeiteten Polizei und die Jugend- oder Ordnungsämter der Bezirke zusammen. Allerdings nutzten manche Bezirke das Angebot der Polizei für die gemeinsamen Kontrollen nur sehr wenig, „obwohl das Problem in allen Bezirken besteht“.