Freie Presse:
In Reichenbach wiesen Dealer ihre Rivalen rüde zurecht – mit Worten, Schlägen, Messer und Pistole
Reichenbach. Szenen wie in einem Mafia-Krimi haben sich offenbar am 22. Juni abends gegen 21 Uhr am Reichenbacher Volksfestplatz zugetragen. Laut Jan Meinel, Sprecher der Polizeidirektion Südwestsachsen, sollen dort Limousinen vorgefahren sein, aus denen Männer heraussprangen und einen Mann verprügelten. Schließlich habe einer der Dunkelmänner eine Pistole gezogen und einen anderen damit bedroht. „Dieser Vorfall, hat sich offensichtlich im Drogenmilieu abgespielt“, erklärt Jan Meinel. Die Kripo ermittelt jetzt.
Die genaueren Umstände sind noch unklar, doch als sicher gilt: Im Raum Ostthüringen/Vogtland spitzt sich die Auseinandersetzung zweier Banden um die Vorherrschaft im Drogenmilieu zu. Auf dem Volksfestplatz, der nur belebt ist, wenn Zirkusleute oder Schausteller gastieren, wollten an jenem Mittwochabend bei Einbruch der Dämmerung Drogenhändler Rivalen einschüchtern. Dass die Polizei von dem Vorfall erfuhr, ist der rauen Gangart der Akteure zu verdanken und der Tatsache, dass Passanten die brancheninterne Zurechtweisung mitbekommen haben. Inzwischen wird es auch den Polizisten etwas mulmig. „Einige der Akteure kennen ihre Grenzen wohl nicht mehr“, sagt Polizeisprecher Meinel.
Dass es sich um keinen einmaligen Vorfall handelt, zeigte sich nur zwei Tage später im thüringischen Greiz. Dort gerieten mehrere Männer aneinander, einer wurde mit einem Messer verletzt. „Wir haben Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet“, sagte gestern Steffen Glöckner von der Polizeiinspektion Greiz. Inzwischen übernahm die Kripo Gera den Fall.
In beiden Fällen, in Reichenbach und Greiz, soll ein junger Grieche eine Schlüsselrolle gespielt haben. Er sei auch verletzt worden, heißt es aus Polizeikreisen. Die Ermittler gehen unterdessen Hinweisen nach, dass ein weiterer Vorfall dem Drogen-Streit zugeordnet werden könnte. Am 11. Januar hatten fünf bewaffnete Vermummte das Casino Royal in Mylau überfallen, Mitarbeiter und Gäste bedroht und einen kleineren Bargeldbetrag erbeutet. Bislang hatte sich der in dieser Art einzigartige Fall nicht einordnen lassen.
Doch dass Reichenbach jetzt in einem Drogenkrieg zu versinken droht, glaubt Südwestsachsens oberster Drogenfahnder nicht. Wohl gebe es in der Region einen „Bedarf breiter Bevölkerungsschichten“, wie Joachim Günther, Leiter des Rauschgiftdezernats, erklärt. Da dort viel Geld im Spiel ist, werde auch „oft gedroht“, doch eine Eskalation sehe er nicht. Auch funktioniere die bundesländerüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei in Sachsen und Thüringen gut. Dennoch lasse sich das Drogenproblem nie richtig beherrschen, räumt Günther ein: „Wir kennen nur die Spitze des Eisbergs.“
erschienen am 05.07.2011 ( Von Ulrich Riedel )
© Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG