Mannheimer Morgen, 17.08.2011
Kriminalität: „Nicht zimperlich, geführt wie Großkonzerne“

Von dpa-Korrespondent Oliver Schmale
Stuttgart. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) setzt im Kampf gegen kriminelle Rockerbanden auf das Verbot entsprechender Motorradclubs. Gall sagte in Stuttgart: „Wir wollen nicht zulassen, dass die Rocker unter dem Deckmantel des bürgerschaftlichen Engagements ihren kriminellen Machenschaften nachgehen können.“ Sie erweckten oftmals den Eindruck, dass sie harmlose Motorradfahrer seien. Diesen Mantel der Scheinheiligkeit werde man ihnen nehmen.
„Keine netten Jungs“
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, sagte: „Die Rocker sind keine netten Jungs, die auf Mopeds herumfahren. Die sind in ihren internen Strukturen sehr konspirativ und stark vernetzt. Da steckt ordentlich Geld dahinter.“ Auch Rüdiger Seidenspinner, Chef der Gewerkschaft der Polizei im Südwesten, steht hinter Minister Gall. „Rocker waren noch nie zimperlich.“ Die Banden würden geführt wie Großkonzerne. Lange Zeit seien sie nicht im zentralen Fokus der Polizeiarbeit gewesen. Sie seien erst in den vergangenen drei bis vier Jahren in den Mittelpunkt gerückt.
Erst vor kurzem hatte Gall die Pforzheimer Hells Angels verboten. Gegen das Verbot sind Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig. Gall sagte, er sei sich sicher, dass es Bestand haben und vom Gericht nicht gekippt werde. Hintergrund der Anordnung waren mutmaßliche kriminelle Machenschaften. Die Verbindung von Rockergruppen und Organisierter Kriminalität bereitet der Polizei immer größere Sorgen. Rocker seien mittlerweile in Deutschland in jedes zehnte Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität verwickelt. „Im Jahr 2010 gab es in Baden-Württemberg 39 Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität. Fünf davon richteten sich gegen Rocker“, sagte der Innenminister.
Er bezifferte die Zahl der Rocker im Südwesten auf rund 1200 Personen. Entsprechende Rockerclubs gebe es in Calw, Heilbronn, Rottweil oder Villingen-Schwenningen. Haupttriebfeder krimineller Rockerbanden sei Gewinn- und Machtstreben. „Die arbeiten professioneller als die meisten denken.“ Es gebe internationale Verflechtungen. Rockergruppen seien im Drogen- und Menschenhandel aktiv.

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