Nr. 33 Berlin, 18. August 2010

I n h a l t :
Rente mit 70? dbb Vize Dauderstädt fordert gleitenden
Übergang zum Ruhestand: „Die Arbeitswelt muss den
Bedürfnissen der Menschen gerechter werden“
EU-Steuer: dbb Vize Ondracek begrüßt Vorschläge+++

Aus Bundesländern und Mitgliedsgewerkschaften
Partizipations-und Integrationsgesetz: dbb berlin präsentiert
Änderungsvorschläge+++
Versorgungsrücklage: NBB führt Musterverfahren+++
Einheitlicher Tarifvertrag für rund 20 000 Lokführer: GDL
hält zentrales Problem für gelöst+++

Namen und Nachrichten +++

Rente mit 70? dbb Vize Dauderstädt fordert gleitenden Übergang zum
Ruhestand: „Die Arbeitswelt muss den Bedürfnissen der Menschen gerechter werden“

(dbb) Mit dem Plädoyer für einen gleitenden Übergang aus dem Erwerbsleben hat sich der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt in die aktuell wieder auflebende Diskussion um das Renteneintrittsalter eingeschaltet. Von den „Gebern der Arbeit“ dürfe man erwarten, dass sie sich „mehr um die Verträglichkeit der Gabe kümmern“, sagte Dauderstädt am 18. August 2010 in Berlin.

Stress, Mobbing, Wettbewerbsdruck und Über-lastung, Störfaktoren, denen sich viele ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgesetzt fühlten, könnten nicht durch ergonomisch saubere Arbeitsstätten oder regelmäßige Augentests für Bildschirmarbeiter allein kompensiert werden, so Dauderstädt. Auch nehme die Leistungsfähigkeit des Men-schen im Alter nicht schon deshalb zu, „weil Staatsbudget und Beitragsbelastung der Einkommen an ihre Grenzen stoßen“, ergänzte der dbb Vize mit dem Hinweis, dass Regelaltersgrenze und Durchschnittszugang seit Jahrzehnten voneinander abwichen: „Wenn die Abschläge auszuhalten sind, sucht der Bürger vielfach den frühesten Ausstieg. Das ist nicht mit Faulheit zu begründen, sondern hat seine Ursachen in der Ar-beitswirklichkeit.“

Die aktuellen Forderungen nach einer weiteren Verschiebung der Renten-Zugangsgrenze in Richtung 70 Jahre können aus Sicht Dauder-städts am ehesten mit Sinn gefüllt werden, wenn Überlegungen zu einem neugestalteten, gleitenden Übergang in den Ruhestand ein-bezogen werden. Auf diese Weise würden ältere Beschäftigte auch vor der vielfach ge-fühlten Leere oder dem vermeintlichen Defizit sozialer Akzeptanz bewahrt, die ein schlag-artiges Aussteigen aus dem Beruf häufig mir sich bringt: „Bisherige Vorruhestands- und Altersteilzeit-Modelle hatten ihren faktischen Schwerpunkt in einem vorzeitigen, nicht einem gleitenden Ausstieg aus dem Erwerbsleben. Die Arbeitswelt muss den Bedürfnissen der Menschen gerechter werden, sonst nutzen auch neue Kufen für ein weiteres Gleit-Modell wenig“, machte Dauderstädt deutlich.
(01/33/10)

EU-Steuer: dbb Vize Ondracek begrüßt Vorschläge

(dbb) Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek, hält eine direkte EU-Steuer für wünschenswert. „Die Europäische Union sollte eigene Einnahmequellen haben, um noch mehr politische Unabhängigkeit zu erlangen. Die Finanztransaktionssteuer eignet sich hervorragend als EU-Steuer“, sagte Ondracek am 9. August 2010 in Berlin. Der dbb Vize reagierte mit die-ser Bewertung auf die Forderung des europäischen Finanzkommissars Janusz Lewan-dowski nach Einführung einer eigenständigen EU-Steuer, die direkt in den Haushalt der Europäischen Union fließt.

„Wir brauchen eine Besteuerung der Finanztransaktionen in Höhe von mindestens 0,5 Prozent“, bekräftigte der dbb Vize. Er halte eine Steuer zur Einschränkung der Spekulatio-nen für dringend notwendig. „Wenn die Euro-päische Union so über eigene Einnahmen verfügen kann, ist das umso besser“, so Ondracek. Kritisch sieht der dbb Vize allerdings die Verwendung einer möglichen Luftverkehrsabgabe. „Eine Besteuerung des Luftverkehrs eignet sich nicht als Abgabe in einen europäischen Topf.“ Hier käme es zu schnell zu einer Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen Frequentierung des Luftraums. Da sei die Finanztransaktionssteuer schon besser geeignet, zumal sie auch das Problem der Risikospekulationen eindämmen könnte.
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, deren Erträge direkt in den EU-Haushalt fließen, wäre ein absolutes Novum: Bislang finanzieren sich die EU-Institutionen aus-schließlich über die Beiträge aus den Mitgliedstaaten. (02/33/10)

Aus Bundesländern und Mitgliedsgewerkschaften

Partizipations-und Integrationsgesetz: dbb berlin präsentiert
Änderungsvorschläge

(dbb) Der dbb berlin hat Vorschläge zur Ergänzung und Änderung des vom Senat be-schlossenen Gesetzentwurfs zur Regelung von Partizipation und Integration erarbeitet. Die Stellungnahme des dbb Landesbundes, die am 12. August 2010 an Carola Bluhm, die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales übergeben wurde, unterstützt in weiten Teilen das Gesetzesvorhaben der Ressortchefin. Der Berliner dbb Vorsitzende Joachim Jetschmann bemängelte jedoch, dass der dbb berlin nicht nach den einschlägigen Vor-schriften des Landesbeamtengesetzes beteiligt worden sei.

Der dbb berlin schlägt zu den Zielen und Grundsätzen des Partizipations- und Integrati-onsgesetzes deutliche Präzisierungen der Ge-setzesaufträge vor. Auch sei eine Beschreibung der weiteren Reformprozesse zur Partizipation und Integration für die Berliner Verwaltung unabdingbar.

Zu den vom dbb berlin erhobenen Forderun-gen zählen unter anderem die Integration der Rechtspflege in den Geltungsbereich des künf-tigen Gesetzes und eine gesetzliche Verpflich-tung zur Normenkontrolle.

Die vom Senat vorgeschlagenen Regelungen zur Fortbildung und Qualifizierung der Beam-tinnen und Beamten sowie Tarifbeschäftigten hält der dbb berlin indes für unzureichend. In diesem Bereich sollten gesetzliche und tarif-rechtliche Grundlagen über die Fortbildungs-verpflichtungen geschaffen werden.
(03/33/10)

Versorgungsrücklage: NBB führt Musterverfahren

(dbb) Der Niedersächsische Beamtenbund und Tarifunion (NBB) führt ein Musterverfah-ren gegen den vorzeitigen Zugriff auf die Versorgungsrücklage des Landes. In Nieder-sachsen werden ab dem Haushaltsjahr 2010 die Zahlungen in die Versorgungsrücklage des Landes – gespeist durch drei Kürzungen der Bezügeerhöhungen von jeweils 0,2 Pro-zent – eingestellt. Gleichzeitig will die Landesregierung auf die in der Versorgungsrückla-ge befindlichen Mittel zugreifen, die eigentlich bis zum Ende des Jahre 2017 gebunden waren.

Der vorzeitige volle Zugriff auf die bereits an-gesparte Versorgungsrücklage in Niedersach-sen stellt aus Sicht des dbb einen schweren Vertrauensbruch gegenüber allen Beamten und Versorgungsempfängern dar und missach-tet alle Grundsätze einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Sicherung der Beamtenver-sorgung. Daher lehnt der dbb diese fatale Ab-kehr vom Konzept der teilweisen Kapitalde-ckung zukünftiger Versorgungsausgaben in jeder Hinsicht ab.

Aus dem Musterverfahren folgen aktuell kei-nerlei Handlungsempfehlungen an die NBB-Mitglieder, über die weitere Entwicklung wird der NBB laufend informieren.
(04/33/10)

Einheitlicher Tarifvertrag für rund 20 000 Lokführer: GDL hält zentrales
Problem für gelöst

(dbb) Nach jüngsten Sondierungsgesprächen, in denen die Tarifpartner sich im Grundsatz auf Übergangsregelungen für Beschäftigte verständigt haben, wenn eine Verkehrsleis-tung von einem anderen Unternehmen übernommen wird, hält der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky ein zentrales Problem auf dem Weg zu einem bundesweit einheitlichen Tarifvertrag für die rund 20 000 Lokfüh-rer für gelöst: Wie Weselsky am 15. August 2010 gegenüber dpa erklärte, vereinbarten GDL und Bahn-Arbeitgeber, dass die Beschäftigten bei einem Betreiberwechsel vom neu-en Anbieter zu gleichen Konditionen weiterbeschäftigt werden sollen.

Vor der ersten Verhandlungsrunde mit den fünf größten Konkurrenten des Marktführers Deutsche Bahn AG, die sogenannten NE-Bahnen, zeigte sich Weselsky optimistisch: „Die NE-Bahnen sind bereit, ohne Vorbedin-gungen mit uns in Verhandlungen einzutre-ten.“ Damit schwinde der Einfluss des Arbeit-geberverbandes Deutscher Eisenbahnen (AGVDE) weiter. „Die absolut starre und nicht nachvollziehbare Haltung des AGVDE in Köln hat dazu geführt, dass die Unternehmen aus diesem Verband austreten.“

Durch die Kündigung aller Tarifverträge habe die GDL die Voraussetzungen für einen Bran-chentarifvertrag geschaffen. Auch seien die GDL-Mitglieder auf den Konflikt vorbereitet, erläuterte Weselsky. Den Organisationsgrad der Lokführer bezifferte der GDL-Chef
branchenweit auf 75 Prozent, wobei es in den vergangenen Monaten auch in kleineren
Unternehmen wie der Hessischen Landesbahn gelungen sei, erfolgreich Streiks zu organisie-ren: „Wir sind mittlerweile in genügend Unter-nehmen kampagnenfähig, wobei wir in die Verhandlungen wie bei der Bahn AG reingehen mit der Zielstellung, auf dem Verhandlungsweg zuerst was zu versuchen.“

Den härtesten Widerstand bei den Privatbah-nen erwartet die GDL in der Frage der Entgel-te. Sie fordert bei der Deutschen Bahn AG fünf Prozent mehr Geld. Die privaten Konkurrenten des staatseigenen Betriebs, der rund 80 Pro-zent aller Lokführer beschäftigt, sollen mittel-fristig auf dasselbe Niveau gebracht werden. Nach Angaben der GDL liegen die dortigen Gehälter der Lokführer bis zu 20 Prozent unter denen bei der DB AG, die bei ihren Tochterge-sellschaften gleichfalls unter dem eigenen Tarif bezahlt.

Der Tarifvertrag müsse für alle Beteiligten im Markt passen, so dass der Wettbewerb weiter funktionieren könne, meinte Weselsky: „Nur eben nicht mehr über die Lohnkosten.“ Die GDL setzt ihre Verhandlungen mit der Deut-schen Bahn AG am 21. August in Frankfurt fort. Zwei Tage später startet in Berlin die erste Runde mit den fünf Privatbahnen.
(05/33/10)

Namen und Nachrichten

(dbb) Der dbb schleswig-holstein (dbb-sh) hat die Beschäftigten des öffentlichen Landes-dienstes aufgerufen, am 8. September 2010 in Kiel gegen die „phantasielose Haushaltspolitik“ der Landesregierung zu demonstrieren. „Gute öffentliche Dienste haben ihren Preis. Sie hal-ten unser Land am Laufen“, heißt es im Demo-Aufruf, der auch darauf hinweist, dass „gute öffentliche Dienste aber nur mit gut ausgebil-deten und motivierten Leuten funktionieren: Wer den öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein in jeder Beziehung abmagern lässt, macht ihn kaputt und das schadet unserem Land!“
Treffpunkt: 8. September, 15 Uhr, Fußgänger-zone Kiel, Asmus-Bremer-Platz, 15.30 Uhr Auftaktkundgebung, 16.15 Uhr Demonstrati-onszug, 17.00 Uhr Abschlusskundgebung vor dem Landeshaus.

Rund 25.000 Rote Karten hat der dbb
hamburg bereits zu Beginn der Sommerpause an die Hamburger Beamtinnen und Beamten mit der Bitte versandt, gegen das „unrühmli-che Verhalten des Bürgermeisters und des Senats“ zu protestieren. Neun Punkte gegen die Sparpolitik wurden zum Ankreuzen vorge-geben, aber auch eigene Vorschläge von Sei-ten der Beamtenschaft waren höchst willkom-men. „Trotz Sommerpause haben wir einen Rücklauf von gut der Hälfte der versandten Karten verzeichnen können, also rund 12.500 Einsendungen. Zudem hat die große Zahl der verbeamteten Lehrkräfte wegen der Sommer-ferien nicht an der Aktion teilnehmen können“, sagte dbb Landeschef Rudolf Klüver am
16. August 2010. Die Auswertung der Rückläu-fe zeige eindeutig, „dass die Beamtinnen und Beamten kein Vertrauen mehr zu politische Aussagen haben und keinesfalls gewillt sind, diese überdimensionale Sparorgie zu Lasten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst so einfach hinzunehmen.“

In Sachsen haben mehr als 6000 Beamte in einem Brief gegen die geplante Streichung des Weihnachtsgeldes protestiert. Wie der
sächsische Beamtenbund sbb am 13.
August 2010 mitteilte, wurden bereits 4000 Schreiben an den Präsidenten des Landtags übergeben. Die übrigen sollen in den kom-menden Tagen per Post eintreffen. Die Strei-chung der Weihnachtssonderzahlung ist Teil der Sparmaßnahmen, mit denen die sächsische Landes-regierung die Ausgaben im Doppel-haushalt 2010/2011 verringern will.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek, hält den Vorschlag des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, Steuererklärungen durch weniger Belege und den Versand vorausgefüllter For-mulare zu vereinfachen, für wenig hilfreich. „Was da vorausgefüllt werden soll, macht die wenigste Arbeit“, sagte Ondracek in der
Sächsischen Zeitung (Ausgabe vom 16. August 2010). Name, Konto, Lohn, Versicherungen, Rentenmitteilungen seien aus den Vorjahren bekannt. Selbst außergewöhnliche Belastungen kehrten jedes Jahr wieder. Das werde von den meisten ohnehin auf ihrem Computer gespei-chert. Was den Abbau des bürokratischen Aufwandes durch weniger Belege betrifft, ließ Ondracek keinen Zweifel darüber aufkommen, dass hier kaum Vereinfachungspotential be-steht: „Solange es Abzugsmöglichkeiten gibt, geht es nicht viel einfacher als heutzutage – da muss man abfragen. Der einzig richtige Weg zur Erleichterung wäre der Abzug großzügiger Pauschalen. Dann müsste man gar keine
Steuererklärung mehr abgeben.“

Thomas Kappl, Vorsitzender des Verbandes der Rechtspfleger im Bundesdienst, (VRB) sieht sich durch einen Artikel des Fachanwalts für Erbrecht, Alexander Knauss, der sich gegen die von der Politik geplante Übertragung von Rechtspfleger-Aufgaben auf Notare wendet, in seiner Contra-Position bestätigt. „Es ist festzu-stellen, dass auch von weiteren Funktionsträ-gern der Justiz die geplante Auslagerung von Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit kriti-siert wird“, kommentierte Kappl den in der Juli-August-Ausgabe von „VRB Aktuell“
publizierten Fachartikel. Mit „derselben Argu-mentation“ hätten sich VRB und der Bund Deutscher Rechtspflleger „von Anfang an
gegen eine Übertragung von Aufgaben der Nachlassgerichte auf Notare“ gestellt: „Bei allen Beteiligten in der Justiz muss das Wohl des rechtsuchenden Bürgers an erster Stelle stehen, dies gilt auch für die Justizpolitik in den Ländern“, mahnte der VRB Vorsitzende.

„Wir wehren uns dagegen, dass eine kurzsich-tige Finanzpolitik auf unserem Rücken ausge-tragen wird“, mit diesen Worten hat der Bun-desvorsitzende der Seniorengewerkschaft BRH, Dieter Berberich, allen Aktivitäten der Politik eine klare Absage erteilt, die – angesichts lee-rer öffentlicher Kassen- auf eine stärkere Be-lastung der Pensionäre in Bund und Ländern zielen. „Kein Familienvater kann so wirtschaf-ten, wie es der Staat jahrelang gemacht hat. Und jetzt werden wir Pensionäre nur noch als Kostenfaktor gesehen“, kritisierte der BRH-Bundesvorsitzende im Interview mit dem „Südwestecho“ (Ausgabe vom 9. August 2010). „Übersehen wird dabei auch, dass es in den letzten Jahren schon elf Gesetzes-änderungen gab, die zu Pensionskürzungen führten“, sagte Berberich der Zeitung.

In der Diskussion um die Sicherheitsver-wahrung gefährlicher, entlassener Sexual- oder Gewaltverbrecher hat Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizei-gewerkschaft (DPolG), vor einer Überlastung der Polizei gewarnt. „Die ständige Überwa-chung ist mit unserem Personal nicht machbar und stellt uns vor unlösbare Probleme“, sagte Wendt am 16. August 2010 dem Online-Dienst der „Bild“.
Der DPolG-Chef wies zudem darauf hin, dass mit der 24-Stunden-Überwachung eines ein-zelnen gefährlichen Straftäters bis zu 25 Poli-zisten beschäftigt seien.
(06/33/10)

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