Mittwoch, 29. Juni 2011
(Sächsische Zeitung)
IM BLICKPUNKT
Von Alexander Schneider
Nach dem Rauswurf von Polizeichef Dieter Hanitsch wegen der „Handy-Affäre“ soll nun Dieter Kroll dessen Aufgaben übernehmen.
Dieter Kroll gilt als Intimus von Landespolizeipräsident Merbitz.
In sz-online
Dresdner Polizeipräsident muss gehen
Mit Millionen Datensätzen aus Privathandys wollte die Dresdner Polizei Schläger dingfest machen, die am Rande von Anti-Nazi-Demos Beamte angegriffen hatten. Ein Skandal, fand die Opposition. Nun gibt es personelle Konsequenzen.
Als die überraschende Personalie die Runde machte, lag Dieter Kroll auf einem OP-Tisch. Der 57-jährige Polizeipräsident – bis da Chef der Polizeidirektion Südwestsachsen – ist Nachfolger des Dresdner Polizeichefs Dieter Hanitsch.
Am Montagmittag hatte Innenminister Markus Ulbig (CDU) Hanitsch abberufen – wegen „Informationsdefiziten“ in der Handy-Affäre. Zu diesem Zeitpunkt wurde Dieter Kroll gerade operiert – er hatte sich beim Fußballspielen mit seinem Enkel den Arm gebrochen. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, ehe er sich in der Landeshauptstadt seinen neuen Arbeitsplatz ansehen kann. Nach bisherigen Prognosen muss sein Arm sechs Wochen geschient bleiben.
Dieter Kroll ist ein erfahrener Polizist. Er wurde 1954 in Karl-Marx-Stadt geboren und zählte Anfang der 90er-Jahre zum Aufbaustab des Landeskriminalamts Sachsen (LKA). Dort leitete er erst die Inspektion Rauschgiftkriminalität, ab 1993 die Abteilung Organisierte Kriminalität. 2000 wechselte er an die Spitze der Polizeidirektion Zwickau. Nach der Reform 2005 leitete er – noch immer in Zwickau – die neue Direktion Südwestsachsen.
Der Mann aus dem Erzgebirge gilt als Vertrauter von Sachsens Landespolizeipräsident Bernd Merbitz. Sie hatten viele Jahre im LKA zusammengearbeitet. Noch im Winter bewarb sich Kroll um die Präsidenten-Stelle im LKA. Doch den Vorzug erhielt Jörg Michaelis.
Dass der „Merbitz-Vertraute“ Kroll nun Polizeichef in Dresden wird, überrascht seine rund 1330 künftigen Polizeivollzugsbeamten nicht. Jeder weiß, dass Dieter Hanitsch und Bernd Merbitz nicht miteinander konnten. Kroll übernimmt also – auch was das angeht – ein schweres Erbe. Gerade in Dresden ist die Polizeiarbeit von zahlreichen Großeinsätzen geprägt – schönen wie gerade bei der Fußball- WM der Frauen, aber auch äußerst heiklen, wie die Beherrschung rechts- und linksextremistischer Ausschreitungen am Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Februar. Hanitsch ist das politische Nachspiel der Krawalle vom 19.Februar mit der „Handy-Affäre“ zum Verhängnis geworden.
Dabei hat Hanitsch in den sechs Jahren an der Spitze der Dresdner Polizei viel erreicht. So gibt es keine Krawalle im Szeneviertel Neustadt mehr, auch Ausschreitungen bei Fußballspielen sind deutlich seltener geworden. In nur vier Wochen hatte Hanitsch 2009 den Großeinsatz zum Besuch des US-Präsidenten Barack Obama vorbereitet und erfolgreich abgeschlossen.