Randale an der Bremer Brücke: DFB ermittelt
abendblatt.de
Während und nach dem Rückspiel der Relegation zur 2. Liga zwischen dem VfL Osnabrück und Dynamo Dresden war es zu Verfehlungen der Fanlager gekommen.

Hässliche Fratze des Aufstiegs: Fans von Dynamo Dresden müssen nach dem 3:1-Sieg in Osnabrück von der Polizei in Schach gehalten werden

Dresden. Dem Aufstiegstaumel könnte noch erhebliche Katerstimmung folgen: Denn die Jagd- und Prügelszenen am Rande des Relegationsrückspiels beim VfL Osnabrück (3:1 nach Verlängerung) könnte für Dynamo Dresden ein Nachspiel haben. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat wegen der Randale am vergangenen Dienstag ein Ermittlungsverfahren gegen den Aufsteiger aus Sachsen eingeleitet. Allerdings muss sich auch der VfL zu den Vorgängen äußern. „Der Kontrollausschuss hat beide Vereine angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Sie sollen die Vorfälle aus ihrer Sicht schildern“, erklärte DFB-Mitarbeiter Michael Morsch.
Bereits während der Partie hatten Dynamo-Anhänger auf der Tribüne Fahnen angezündet und Feuerwerkskörper abgebrannt. Nach dem 3:1-Sieg der Gäste stürmten zahlreiche Dynamo-Fans aufs Spielfeld, ohne dass die Polizei die Anhänger aufhalten konnte. Dabei kam es zu Tritten und Schlägen gegen Beamte, Ordner und Fotografen. Im Stadion an der Bremer Brücke wurden Kameras, Werbebanden und Sitzschalen zerstört. Darüber hinaus sollen gewaltbereite Osnabrücker Fans versucht haben, den VIP-Raum auf der VfL-Geschäftsstelle zu stürmen.
Der DFB-Kontrollausschuss will die TV-Bilder, die Stellungnahmen der Vereine und den Bericht des Schiedsrichters Thorsten Kinhöfer (Herne) auswerten und im Anschluss über das weitere Vorgehen entscheiden. Der Unparteiische hatte das Spiel aus Sicherheitsgründen knapp 16 Sekunden vor dem Ende der Verlängerung abgepfiffen. Die Polizei meldete 14 Festnahmen und 16 Strafanzeigen, konnte aber nach eigenen Angaben größere Ausschreitungen verhindern.
„Ich bin froh, dass es glimpflich über die Bühne gegangen ist“, sagte Dynamo-Trainer Ralf Loose über die Randale. „Glimpflich“ – wie Loose die Tritte und Schläge gegen Polizisten, Ordner und Fotografen nannte – verlief die Situation wohl vor allem dank des geglückten Aufstiegs. Im Falle einer Niederlage wäre die Situation womöglich weiter eskaliert.
Auch wenn die Mehrheit der Dynamo-Fans friedlich feierte: Die Gewaltbereitschaft der Minderheit erschreckte. Sie offenbarte die hässliche Seite des Fußballs und zeigte wieder einmal das ganz spezielle Fan-Problem der Dresdner. „Ich kann nur versprechen, dass der Verein daran arbeiten wird“, sagte der Trainer.
„Ich kann nicht viel dazu sagen“, kommentierte Loose, „ich konzentriere mich auf den Sport.“ Bereits nach einer Stunde hatte der Referee die Partie für anderthalb Minuten unterbrochen, weil Dynamo-Anhänger auf der Tribüne Feuerwerk abbrannten und Fahnen anzündeten. Dresdner Spieler mussten die Randalierer unter den Fans einige Male beruhigen.
Der Schiedsrichter hätte die Partie kurz vor Ablauf der 120 Minuten auch abbrechen können, weil Fans den Platz stürmten und die Polizei auf dem Rasen aufmarschierte. Kinhöfer tat es nicht. Er entschied sich angesichts des eindeutigen Spielstandes für die sichere Variante – und brachte sich selber nach seinem vorzeitigen Abpfiff mit einem Spurt in Sicherheit.
„Das ist eine Tatsachenentscheidung. Nur die Uhr des Schiedsrichters ist maßgeblich“, sagte Herbert Fandel, der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichter-Kommission. Ein vorzeitiger Abpfiff aus Sicherheitsgründen ist eigentlich nicht vorgesehen, war aber angesichts des Spielstandes eine vernünftige Lösung. Ein „skandalöses Ende“, kommentierte die „Neue Osnabrücker Zeitung“.
14 Festnahmen und 16 Strafanzeigen meldete die Polizei, die nach eigenen Angaben „größere Ausschreitungen verhinderte“. Polizisten, Ordner und Fotografen waren attackiert worden. Dass Sitzschalen herausgerissen wurden, gehörte zu den kleineren Randerscheinungen.
„Das mit den Dresdner Zuschauern ist zu viel, da muss etwas passieren“, sagte Osnabrücks Spielmacher Sebastian Tyrala: „Mir tut es leid für die Dresdner Mannschaft.“ Tatsächlich lieferten die Dynamo-Profis einen beeindruckenden Endspurt, holten auch im Rückspiel ein 0:1 auf und bewiesen anschließend, dass mit einem Teil der Fans auch friedlich zu feiern ist.
Rund 2000 Dresdner sangen und tanzten noch nach Mitternacht im Osnabrücker Stadion. In Sachsens Hauptstadt hatten rund 10.000 Fans beim Public Viewing gejubelt. Viele fuhren anschließend zum Flughafen, wo das Team gegen 2.45 Uhr landete. Die große Aufstiegsparty stand am Mittwochnachmittag auf dem Altmarkt an. (sid/dpa/abendblatt.de)

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