Hamburger Abendblatt, 08.06.2011
Die EHEC-Krise: Es wird weiter zur Vorsicht geraten
Politiker fordern zentrale „Seuchen-Polizei“
Hamburg. Wegen neuer Rückschläge bei der Suche nach der Quelle des EHEC-Keims wird der Ruf nach einer „zentralen Seuchen-Polizei“ immer lauter. Mit Blick auf das Krisenmanagement sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu „Bild.de“: „Für besonders gefährliche Keime brauchen wir eine mobile Eingreiftruppe.“ Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, forderte „den Umbau des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur zentralen Seuchen-Polizei“.
Das UKE hat gestern wieder die volle Notfallversorgung von Patienten aufgenommen. Wegen der Vielzahl an EHEC-Infektionen wurde die Intensivstation seit 29. Mai nur für HUS-Erkrankte genutzt. „Im gesamten Klinikum waren gestern 97 Patienten mit HUS in Behandlung, darunter 21 Kinder. Das Institut für Hygiene und Umwelt arbeitet auf Hochtouren, um bei der Suche nach dem EHEC-Erreger die vielen Proben aus dem Stadtgebiet zu analysieren. Zusätzliches Personal sei im Einsatz, und auch an den Wochenenden werde gearbeitet. EHEC steht heute im Mittelpunkt der Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft.(dpa, at)

Stuttgarter Zeitung, 08.06.2011
Ehec-Infektionen
SPD will zentrale Seuchenpolizei
Berlin – Wegen ständig neuer Rückschläge bei der Suche nach dem Erreger der EHEC-Darminfektion wird der Ruf nach einer „zentralen Seuchenpolizei“ lauter. „Für besonders gefährliche Keime brauchen wir eine mobile Eingreiftruppe“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu „Bild.de“. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, forderte „den Umbau des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur zentralen Seuchenpolizei in Deutschland“.
Lauterbach will dazu die RKI-Spezialisten mit allen Kompetenzen und dem Recht ausstatten, wie die Bundeswehr „Reservisten“ heranzuziehen, etwa Spezialisten von Universitäten. Auch Wendt forderte für das RKI „mehr Geld, mehr Personal und mehr Kompetenzen“. Seuchenbekämpfung dürfe nicht länger Ländersache sein, sondern müsse zentral auf Bundesebene koordiniert werden. „Es kann nicht sein, dass jeder Landesminister etwas anderes sagt und dadurch (…) ganze Industriezweige an den Rand des Ruins geführt werden und die Verbraucher am Ende total verunsichert sind.“
Effizientere Warnsysteme
Der Vorsitzende des Bundestagsverbraucherausschusses, Hans-Michael Goldmann (FDP), sprach sich für eine Bündelung der wissenschaftlichen Kompetenzen von Robert-Koch-Institut (RKI), Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie Bundesinstitut für Risikobewertung in einer einzigen Institution. In der aktuellen Gefahrensituation um den Darmkeim sei „diese Art von Föderalismus nicht mehr zeitgemäß“, sagte Goldmann im SWR.
Die CSU, die mit Ilse Aigner das Verbraucherministerium führt, verwahrte sich gegen voreilige Kritik am Krisenmanagement in Bund und Ländern. Es sei unabhängig von den aktuellen Vorgängen zu prüfen, ob eine zentrale Zuständigkeit bessere Ergebnisse erbracht hätte. In diesem Fall zeigte sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt offen für Änderungen. Doch aktuell helfe „das Verschieben von Kompetenzen so schnell nicht weiter“, sagte sie. Es spreche zudem vieles dafür, dass vor Ort mehr kontrolliert werden könne.
EU-Gesundheitskommissar John Dalli warnte vor vorschnellen Informationen durch Behörden. Infektionsquellen sollten nicht angegeben werden, solange diese nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt seien. Auch Dalli plädierte für effizientere Warnsysteme. „Im Binnenmarkt müssen wir schnell und entschieden reagieren, die Kommunikationswege müssen schnell und flexibel gestaltet werden“, sagte er. Die EHEC-Seuche hat bislang 22 Opfer in Deutschland gefordert. Nach Negativbefunden bei spanischen Gurken und Sprossen aus Deutschland wird weiterhin fieberhaft nach dem Verursacher gesucht.

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