n-tv, 09.08.2010

„Nur fallbezogen erfolgreich“ FDP streitet um Fußfesseln
Der Vorschlag von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, verstärkt Fußfesseln statt einer Sicherungsverwahrung einzusetzen, stößt auf Kritik – auch in der eigenen Partei. Hessens Justizminister Hahn hält sie für nur fallgezogen erfolgreich. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft nennt sie „völlig sinnlos“.

Die FDP streitet um die Überwachung von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Straftätern mit elektronischen Fußfesseln. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn hält sie nicht für einen passenden Ersatz für die umstrittene Sicherungsverwahrung. Die elektronische Fußfessel sei nur fallbezogen erfolgreich einzusetzen, sagte der FDP-Politiker dem Hessischen Rundfunk. Diese Einschränkung zeige sich im Fall eines verurteilten Sexualstraftäters in Kassel, der trotz polizeilicher Überwachung erneut eine Frau vergewaltigte.

Hahn grenzte sich damit von Parteikollegin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ab, die sich für elektronische Fußfesseln als Überwachungsmethode einsetzt. Ausdrücklich lobte Hahn dagegen die Bundesjustizministerin für die Absicht, schon im Prozess die Sicherungsverwahrung vorzusehen. Im Ergebnis werde es dadurch künftig häufiger als bisher zur Sicherungsverwahrung kommen. „Sie hat mir ihrem Punkteprogramm deutlich gemacht, (…) dass wir Sicherungsverwahrung sehr frühzeitig schon anordnen müssen. Und das ist ein Appell an die Justiz: Bitte beschäftigt Euch, wenn Ihr die Tat beurteilt und aburteilt, auch gleich mit der Frage: Was passiert denn danach?“

Bevölkerung nicht im Unklaren lassen
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte den Einsatz von Fußfesseln als „völlig sinnlos“. „Eine Fußfessel ist höchstens etwas für Kleinkriminelle, aber bei Schwerverbrechern völlig sinnlos. Denn man weiß zwar, wo der Verbrecher ist, aber nicht, was er macht“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Wendt forderte zudem, den Aufenthaltsort freigelassener Schwerkrimineller künftig öffentlich zu machen. „Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wo sich entlassene Schwerkriminelle befinden“, sagte er. Er wolle wissen, wenn ein Vergewaltiger in der Nachbarschaft seiner Enkelin wohne, so Wendt weiter. „Wenn die Politik die Bevölkerung schon im Stich lässt, darf sie sie nicht auch noch im Unklaren lassen.“

In einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ sprachen sich 85 Prozent der Befragten dafür aus, am Prinzip der nachträglichen Sicherungsverwahrung festzuhalten. 9 Prozent waren dagegen.

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