Stahlknecht gegen Kennzeichnungspflicht
VON ROMY RICHTER,

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und Gewerkschaften lehnen eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten strikt ab.

MAGDEBURG/DAPD. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und Gewerkschaften lehnen eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten strikt ab. Nahezu jedes Wochenende seien Beamte auf Demonstrationen im Einsatz, wo es gewaltbereite Extremisten, Steinewerfer und Sitzblockaden gebe, sagte Stahlknecht am Mittwoch in Magdeburg. Die Polizei stehe unter einem «enormen Einsatzdruck». Zu fragen sei vielmehr, warum diese Einsätze als normal empfunden würden, statt die Arbeit der Beamten, die die Veranstaltungen absichern, zu hinterfragen.
Einsatzhundertschaften werden einheitlich gekennzeichnet
Geplant sei aber, die Einsatzhundertschaften einheitlich zu kennzeichnen, sodass auch eine Einkreisung auf etwa sieben Personen möglich sei, sagte Stahlknecht. Jede von Polizisten begangene Straftat sei ermittelbar. Im vergangenen Jahr wurden 137 Anzeigen gegen Polizisten registriert, die sich überwiegend auf eine Körperverletzung bezogen. 104 Polizeibeamte wurden identifiziert. Mit einer individuellen Kennung würden Anzeigen stark zunehmen, warnte Stahlknecht. Ein Strafverfahren dauerte etwa ein halbes Jahr, was auch ein halbes Jahr psychischen Druck für die betroffenen Beamten bedeutete. Stahlknecht verwies auch darauf, dass jeder Beamte im normalen Dienst bereits ein Namensschild trage. Der Einsatz bei Demonstrationen sei aber eine besondere Belastung für die Polizisten. Hier müsse es eine Abwägung geben.
Gewerkschaften gegen Kennzeichnungspflicht
Die Landeschefs der Gewerkschaft der Polizei und der Deutschen Polizeigewerkschaft, Uwe Petermann und Wolfgang Ladebeck, sprachen sich ebenfalls gegen eine Kennung aus. Es sei kein Fall bekannt, wo ein beschuldigter Polizist nicht ermittelt worden sei. Ladebeck betonte, nur durch professionelle Arbeit könne Vertrauen entstehen. Die Gewerkschafter verwiesen auf mehrere Fälle, bei denen namentlich bekannte Polizisten nach Einsätzen bedroht wurden.
Linke und Grüne für Kennzeichnung
Die Linke-Fraktion will im September einen Antrag zur Kennzeichnungspflicht in den Landtag einbringen. Sie setzt sich für eine Identifikationsnummer ein, die aus ihrer Sicht das Vertrauen in die Polizei stärken würde. Auch Sebastian Striegel von der Grünen-Fraktion hält es für selbstverständlich im demokratischen Rechtsstaat, «dass, wer im staatlichen Auftrag tätig ist, identifizierbar ist.» Für Polizisten gelte dies besonders, «weil sie im Namen des Staates Gewalt einsetzen dürfen,» sagte Striegel.
CDU will Beamte schützen
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Kolze, sagte dagegen, durch eine Kennzeichnungspflicht wäre das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Polizisten betroffen. Die Beamten müssen vor Ausforschung, Repressalien, und der Veröffentlichung ihrer Namen und Privatanschriften durch die politisch extreme Szene zu schützen. Kolze begrüßte aber die einheitliche Kennzeichnung der Hundertschaften. Dies ermögliche weitreichende Transparenz auch unter extremen Bedingungen.

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