Kritik: Joachim Lautensack, der baden-württembergische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sieht die geplante Polizeireform zum Scheitern verurteilt.
Die Welle der Kritik an der von der grün-roten Landesregierung geplanten Polizeireform ebbt nicht ab. Die CDU legte am Freitag einen eigenen Vorschlag vor. Die Oppositionspartei sprach sich dafür aus, die bei den Regierungspräsidien angesiedelten vier Landespolizeidirektionen aufzulösen. Zugleich solle das beim Innenministerium angesiedelte Landespolizeipräsidium zu einer eigenständigen Behörde ausgebaut werden, sagten CDU-Fraktionschef Peter Hauk und der innenpolitische Sprecher Thomas Blenke in Stuttgart. Bei der Veränderung der Struktur müsse von oben begonnen werden.
Die CDU sprach sich erneut für den Erhalt der 37 Polizeipräsidien und Direktionen aus. Sie sollten aber in Zukunft verstärkt kooperieren. Nicht jede Polizeidirektion müsse in Zukunft alles selbst erledigen, sagte Blenke. Er könne sich beispielsweise ein Lagezentrum für mehrere Direktionen vorstellen oder eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich Fahndung. SPD-Innenminister Reinhold Gall (SPD) will mehr Beamte auf die Straße bringen. Dazu sollen die vier Landespolizeidirektionen mit den 37 Polizeipräsidien und -Direktionen zu nur noch 12 regionalen Präsidien verschmolzen werden. Der Startschuss für die Reform soll nach umfangreichen Vorbereitungen Ende 2012 fallen.
CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte: „Die Kriminalpolizei wird in manchen Fällen in der Fläche entblößt.“ Auch die kommunalen Landesverbände bezweifeln, dass die Reform zu spürbaren Verbesserungen führen wird. Gall kritisierte den CDU-Vorschlag. Er sei ein unausgegorener Aufwasch eines alten CDU-Polizeipapiers. Durch die Herauslösung des Landespolizeipräsidiums aus dem Innenministerium werde das Drei-Ebenen-Modell zementiert.
Rüdiger Seidenspinner, der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, sagte der dpa, Galls Pläne böten eine Chance, die Polizei für die Zukunft etwas besser aufzustellen. Es müssten aber die sozialen Belange der unteren Einkommensgruppen berücksichtigt würden, dass für sie keine zu langen Wegstrecken entstünden. Außerdem solle vor Ort entschieden werden, was für Personal benötigt werde, um die Sicherheit aufrecht zu erhalten.
Heftige Kritik an dem Vorhaben gab es hingegen von DPolG-Landeschef Joachim Lautensack. „Das Ziel der Reform, mehr Polizisten auf die Straße zu bringen, wird weder kurz noch mittelfristig erreicht“, sagte er in einem dpa-Gespräch. Lautensack sagt den Beamten sehr weite Wege von den neu zu schaffenden Regionalpräsidien zu den Tatorten voraus. „Wenn ein Präsidium beispielsweise seinen Standort in Heilbronn hat und im rund 100 Kilometer entfernten Wertheim ein Verbrechen passiert, dann ist der Polizist erstmal mit der Anfahrt beschäftigt und sitzt im Auto. Er verstärkt damit aber nicht die operative Präsenz auf der Straße“, betonte Lautensack.
Gall scheine die Reform „auf Biegen und Brechen“ durchziehen zu wollen. „Er lässt überhaupt keine fachliche Diskussion zu. Das erbost Tausende von Polizisten. Breitbeiniger als Gall steht im Moment niemand da.“ Das Intranet der Polizei sei voll von Stimmen gegen die Reform. Kritiker der Reform würden ins Abseits gestellt, mitunter diskreditiert und abgetan, sagte Lautensack.
Die Grünen-Landtagsfraktion verteidigte hingegen das Vorhaben. Der innenpolitische Sprecher, Ulrich Sckerl sagte, mit ihren Vorschlägen erweise die CDU der Polizei einen Bärendienst, sie habe sich damit als Partner der Polizei verabschiedet. Es sei Aufgabe der Koalition, die Polizei aus der von den Vorgängerregierungen geschaffenen Sackgasse herauszuführen.