Südkurier, 30.09.2010
Ravensburg
Die 50 000 Menschen starke Bevölkerung von Ravensburg sieht in der örtlichen Polizei einen modernen Dienstleister. Die Kriminalitäts- und Aufklärungszahlen sind stets besser als der Landesdurchschnitt und vermitteln ein sicheres Gefühl.
Die Hemmschwelle, die Polizei aufsuchen zu müssen, ist bei diesem Eingangsbereich nicht unbedingt niedriger.
Doch das Stadtpolizeirevier in Ravensburg hat seit Jahrzehnten ein Problem: Schimmelnde Kellerwände, morsche und faule Fensterläden und viel zu beengte Raumverhältnisse in den Amtsstuben, Fluren und Archiven zwingen die Beamten zur ständigen Improvisation im täglichen Dienst. Eigentlich waren die Revier-Beamten samt ihrer übergeordneten Dienststelle der Polizeidirektion Ravensburg guten Mutes, dass diese Zustände in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören. Bereits im Januar dieses Jahres wurden die Pläne für einen Erweiterungsbau samt Sanierung der bisherigen Polizeidirektion in der Gartenstraße vorgestellt, kurz danach die städtische Baugenehmigung erteilt und eigentlich hätte im April der Spatenstich erfolgen sollen. „Es fehlt nur noch die Genehmigung, die europaweite Ausschreibung starten zu können“, erklärte Uwe Stürmer, Leiter der Polizeidirektion Ravensburg: „Zuerst hieß es im April, jetzt wieder Oktober.“
Auch beim Landesvorsitzenden der Polizeigewerkschaft Joachim Lautensack stößt die Verzögerung auf Unverständnis. „Wir befürchten, dass das Projekt weiter auf die lange Bank geschoben wird“, sagte Lautensack. Er sieht die maroden Zustände an der Bausubstanz und in den Räumlichkeiten gar als Schande an. „Das passt absolut nicht ins Bild, dass sich die Polizei so bei der täglichen Arbeit präsentieren muss“, sagte der Polizei-Gewerkschaftsfunktionär und zeichnete das Polizeirevier Ravensburg offiziell zum marodesten Dienstgebäude im Land aus. Bei einem anschließenden Rundgang präsentierte Lautensack dann weitere konkrete Beispiele.
Die schmale und steile Treppe zum Arrestbereich birgt große Sturzgefahren und der Eingangsbereich ist mit drei Stufen keineswegs barrierefrei. „Benötigt ein Rollstuhlfahrer Hilfe, muss er vor dem Gebäude laut schreien“, kritisierte Lautensack. „Die Bevölkerung erwartet von ihrer Polizei, dass sie sich kundenorientiert präsentiert. Wie soll das hier möglich sein?“, fragte Lautensack. Scharfe Kritik kam von der Polizeigewerkschaft auch in Bezug auf die Energetik. „Das Gebäude ist so marode, dass Unmengen von Heizenergie nach draußen gelangen.“
Geplant ist, das Polizeirevier Ravensburg in den An-und Umbau der Polizeidirektion Ravensburg zu integrieren. Die geplanten Kosten belaufen sich auf 11,7 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt und sollen durch einen privaten Investor vorfinanziert werden.