Die Welt, 16.10.2010
Steinewerfer und Blutentnahmen: Im Bundesrat schweigt der Senat zu Themen, die in der Hansestadt mancher Innenpolitiker lobt

Von Florian Hanauer

In der 875. Sitzung des Bundesrates lag es an Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU), die Hansestadt am Freitag zu vertreten – und der musste dabei gleich mit der einen oder anderen Absurdität leben. Skurril mutet zunächst einmal an, dass die Bundesregierung jetzt ihren Gesetzentwurf für Strafverschärfungen bei Gewalt gegen Polizisten vorgelegt hat. Doch diesem Gesetzentwurf wird Hamburg nicht zustimmen können.

von CDU und GAL bei strittigen Themen vor. Dabei hatte sich Vahldiecks Vorgänger Christoph Ahlhaus (CDU) schon lange lautstark und vehement für die Strafverschärfungen eingesetzt. Doch die Länderkammer muss hier ohne Hamburg auskommen, wie im Mai schon, als der Antrag in seiner ersten Form zur Abstimmung stand. Ähnlich verhält es sich beim Thema Richtervorbehalt für Blutentnahmen bei Verkehrskontrollen, das schon am Freitag zur Abstimmung stand. Der alte Innensenator stellte auch hier markante Forderungen auf. Niedersachsen wollte hier jetzt Nägel mit Köpfen machen: Einem Antrag aus Hannover nach sollen Blutproben künftig nicht nur Richter, sondern auch Polizeibeamte genehmigen dürfen. Dieser Plan stößt auch auf Anklang bei der Deutschen Polizeigewerkschaft, nicht aber bei Hamburgs offiziell vertretener Meinung im Bundesrat. Der Antrag wird jetzt aber erst einmal in den zahlreichen Ausschüssen beraten. Trotzdem verfolgt die Hamburger Opposition das Treiben amüsiert, und SPD-Innenexperte Andreas Dressel fragt, was denn von den Ankündigungen des Senats bleibe, wenn man sich dem Koalitionsfrieden zuliebe so zurückhaltend geben müsse.

Eine weitere Absurdität betrifft den Freihafen: Dass dieser in Hamburg abgeschafft werden soll, ist von langer Hand geplant. Und so behandelte der Bundesrat am Freitag auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung. Viele Vorteile des Freihafens seien durch Änderungen des europäischen Zollrechts entfallen, erklärt der Senat zu der Entscheidung, und deshalb könne bis 2013 in Hamburg der Freihafen wegfallen. Die Hafenwirtschaft ist damit aber nur zum Teil zufrieden. Absurd ist aber, dass Freihäfen nicht nur abgeschafft, sondern auch neu eröffnet werden sollen: In Niedersachsen bereitet die Landesregierung die Einrichtung eines Freihafens vor, nämlich im neuen Wilhelmshavener Jade-Weser-Port. flo

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