B.Z.

Verpflegung

Hartes Brot für unsere Polizisten
Keine warme Verpflegung für die Einsatzkräfte am 1. Mai – Catering-Firma der Polizei kündigte.

In Schichten von über 20 Stunden halten Berliner Polizisten an Großkampftagen wie dem 1. Mai den Kopf hin, um zu verhindern, dass Chaoten den Kiez regieren. Und wie die B.Z. erfuhr sind kalte Brote alles, was die Beamten in dieser Zeit zu Essen bekommen. Grund: Die Firma, die die Polizisten im Einsatz mit warmem Essen versorgte, hat gekündigt. Ersatz ist vorerst nicht in Sicht.

Noch im letzten Jahr waren die 5000 Polizisten von einem externen Catering-Unternehmer versorgt worden. Das Essen sei abwechslungsreich gewesen, auch vegane und koschere Kost habe es gegeben, berichtet ein Beamter. Doch dann wollte das Unternehmen den Job nicht mehr machen, es ist bereits die dritte Firma, die in den letzten Jahren abgesprungen ist.

„Es hat sich für die einfach nicht gelohnt“, so ein Beamter. „Der Kosten-Nutzen-Aufwand war wohl zu groß. Und dann ist es ja auch nicht gerade eine prestigeträchtiger Job“. Die Behörde schrieb den Posten neu aus. Bisher ohne Erfolg.

„Kaltverpflegungsbeutel“ heißt im Amtsdeutsch, womit die Beamten nun von ihrem Dienstherrn in den Einsatz geschickt werden. Vollwertkost soll er enthalten, ernährungsphysiologisch einwandfrei! Das heißt im Klartext: Ein Apfel, ein Schokoriegel, eine Scheibe Brot oder ein Brötchen, dazu Butter, Wurst und Käse zum Belegen. Das Highlight im Paket: ein Fruchtjoghurt

Nur wenn die abgekämpften Einsatzkräfte ganz viel Glück haben, gibt es für den einen oder anderen auch in diesem Jahr etwas Warmes. Thomas Goldack, Leiter der Polizeipressestelle, dazu: „Die Versorgung der eingesetzten Kräfte wird durch die Polizeibehörde mit eigenen Versorgungskräften organisiert. Dabei erfolgt auch eine Zulieferung durch externe Unternehmen“. Diese Essen kommt in Tiefkühlboxen, in den umliegenden Dienststellen, die mit Öfen ausgerüstet sind, wird es erwärmt und dann zu den Einsatzkräften gebracht, so der Beamte. „Aber das Zeug ist widerlich. Entweder total ölig, angebrannt oder gar nicht erst gar. Den Punkt zu treffen, an dem dieses Essen genießbar ist, ist reine Glücksache.“

Abhilfe schaffen könnte ein Amtshilfeersuchen bei der Bundeswehr oder beim THW. Mit deren Feldküchen könnten die Hundertschaften der Polizei direkt versorgt werden. Doch bis der Innensenator sich dazu durchgerungen hat, gehen die Berliner Polizisten wohl auf dem Zahnfleisch.

„Ohne Mampf kein Kampf“, sagt Bodo Pfalzgraf, der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin. Er fordert mehr Personal, um die Versorgungslage zu sichern.

NDR online, 08.04.2010

Niedersachsen
Viel Kritik am geplanten neuen Versammlungsrecht

Die SPD sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf für den von den niedersächsischen Regierungsparteien eingebrachten Entwurf für ein Versammlungsgesetz. „Der Gesetzentwurf greift durch zahlreiche Regelungen unzulässig in das Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger auf freie Versammlung ein. So darf das Gesetz nicht in Kraft treten“, sagte der SPD-Innenpolitiker Jürgen Krogmann am Mittwoch. Bei einer Anhörung im Innenausschuss hatten Experten zuvor unter anderem Fragen zu einem Demonstrationsverbot vor dem Landtag diskutiert. Die geladenen Gewerkschafts- und Polizeivertreter, Juristen und Datenschützer äußerten dabei ebenfalls Kritik an dem Entwurf von CDU und FDP.

CDU und FDP verteidigen Entwurf
Die Regierungsparteien verteidigten hingegen ihr Papier. „Wir haben ein anwenderfreundliches, praxistaugliches und liberales Gesetz vorgelegt“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Christian Biallas. Die FDP versprach darüber hinaus weitere Gesprächsbereitschaft. Wo verfassungsmäßige Bedenken geäußert worden seien, werde das Gesetz noch mal überprüft und entsprechend angepasst, sagte der FDP-Innenexperte Jan-Christoph Oetjen.

Polizeipräsident kritisiert neue Anmeldefrist
Insbesondere bei der Anmeldefrist für Versammlungen sehen die angehörten Experten erheblichen Änderungsbedarf. „Die im Entwurf vorgeschlagenen 48 Stunden vor Beginn einer Veranstaltung erlauben keine verlässliche Einsatzplanung“, sagte Hannovers Polizeipräsident Uwe Binias. Auch Gespräche mit den Organisatoren einer Demonstration seien dann kaum mehr möglich. „Diese Verkürzung würde zu einer Vielzahl von Demonstrationsverboten führen, weil eine ordnungsgemäße Durchführung nicht gewährleistet werden kann“, sagte Binias.

Kritisiert wurde zudem, dass bereits Versammlungen mit zwei Teilnehmern angezeigt werden müssen, dass die Pflichten der Versammlungsleitung erhöht wurden und dass das Gesetz einen ausgeweiteten Strafenkatalog mit empfindlichen Geldbußen vorsieht. „Wir appellieren an CDU und FDP, den Entwurf deutlich nachzubessern“, teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit.

SPD: Bannmeile um den Landtag nicht mehr zeitgemäß
Bei der bislang gültigen Bannmeilenregelung für den Landtag gingen die Meinungen bei der Anhörung weit auseinander. Vertreter der Polizei plädierten für eine Fortsetzung der bislang gültigen Bannmeilenregelung, die Demonstrationen und Versammlungen im direkten Umfeld des Landtags verbietet. Dagegen bezeichneten Gewerkschafter die Regelung als „antiquiert und überflüssig“. Demonstranten sollten durchaus die Möglichkeit bekommen, ihre Meinung direkt vor dem Landtag zu äußern. Auch SPD-Politiker Krogmann hält die Bannmeile rund um den Landtag für „nicht mehr zeitgemäß“.

Polizeigewerkschaft: Videoaufzeichnungen unabdingbares Arbeitsmittel
Eine kontroverse Debatte gab es am Mittwoch auch über den Einsatz von Video- und Tonaufzeichnungen. „Videoaufzeichnungen sind ein unabdingbares Arbeitsmittel für die Polizei“, sagte Thomas Kliewer, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Jedoch brauchen die Kollegen hier klare gesetzliche Regeln, um Unsicherheiten zu verhindern.“ Dagegen erklärten die Skeptiker der Videoaufzeichnungen, dass das Gesetz hinsichtlich der Sicherung und Löschung der Daten noch Lücken aufweist. „Auch was die Anonymisierung von gefilmten Gesichtern angeht, müssen klare und verlässliche Angaben gemacht werden“, sagte Rainer Hämmer, Mitarbeiter des Landesdatenschutzbeauftragten.

Rechtswissenschaftler: Nicht alle Demonstranten „70er-Jahre-Blumenkinder“
Brisanz erhält die Gesetzesnovelle durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar diesen Jahres. Die Karlsruher Richter hatten einige Paragrafen einer vergleichbaren Gesetzesänderung in Bayern per einstweiliger Anordnung aufgehoben. Ähnliche Verfassungsprobleme wollen die Niedersachsen verhindern und überlegen, ob sie erst nach dem abschließenden Urteil der Richter weiter an dem Entwurf arbeiten sollen. „Dies wäre falsch“, sagte der Berliner Rechtswissenschaftler Ulrich Battis. Reglementierungen seien wichtig, da nicht alle Demonstranten „70er-Jahre-Blumenkinder“ seien.

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