Sicherheit

Innenminister warnt Wirtschaft vor Spionage

Dienstag, 22. Juni 2010 01:27 – Von Martin Lutz

Der Kampf gegen Wirtschaftsspionage soll ein neuer Schwerpunkt der Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz werden. Das kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2009 an. Durch verstärkten Datenaustausch und die Nutzung des Internets „steigt das Risiko, ausspioniert zu werden, erheblich“, sagte de Maizière.

Diese Gefahr werde von vielen Unternehmen bislang unterschätzt. Der Minister rief sie und auch staatliche Stellen dazu auf, ihre Netzwerke und Computersysteme vor solchen Angriffen via Internet besser zu schützen. Dabei nahm der Minister auch kleine und mittelständische Unternehmen nicht aus. Die zunehmenden Angriffe auf Netzwerke und Computersysteme gefährdeten den technologischen Vorsprung deutscher Konzerne und damit Arbeitsplätze. „Informationsschutz ist Chefsache und muss Chefsache sein für deutsche Wirtschaftsunternehmen“, betonte de Maizière.

Der Schaden für die Wirtschaft beträgt Schätzungen zufolge 20 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr. Besonders die Geheimdienste von China und Russland seien sehr aktiv, so der Verfassungsschutzbericht. Sie interessierten sich sowohl für technische Informationen als auch für ganze Unternehmensstrategien. Spioniert werde hierzulande aber auch im Auftrag anderer Länder des Nahen und Fernen Ostens sowie Nordafrikas. Neben Unternehmen seien zunehmend Regierung, Wissenschaft und Forschung Opfer der Wirtschaftsspione.

Weitere Schwerpunkte der Verfassungsschutzarbeit bleiben laut de Maizière der Kampf gegen den Extremismus und internationalen Terrorismus. Eine Zunahme verzeichnet der Verfassungsschutzbericht besonders im Bereich des Linksextremismus. So stieg die Zahl der Körperverletzungsdelikte hier um 40 Prozent. Insgesamt wurden rund 1100 linksextreme und rund 890 rechtsextreme Gewalttaten registriert. Während die Gewalttaten von Linksextremen um 59 Prozent zunahmen, gingen die von Rechtsextremen um 14,5 Prozent zurück. Fromm kündigte für den Extremismusbereich eine „Ressourcenverschiebung“ innerhalb seiner Behörde an, um dem Linksextremismus besser entgegentreten zu können. Forderungen der Partei Die Linke, deren Beobachtung durch Fromms Amt einzustellen, wies de Maizière zurück: Es werde so lange beobachtet, wie „es Anlass dafür gibt“. Es gebe weiterhin „zahlreiche Indikatoren für linksextremistische Bestrebungen“ in der Partei, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) kündigte Modellprojekte gegen Linksextremismus an. Im Kampf gegen den Rechtsextremismus seien bereits wichtige Fortschritte gemacht worden. Jetzt sei es höchste Zeit, „auch gegen linksextreme Gegner unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorzugehen“, sagte die Ministerin und fügte hinzu: „Es gibt keine guten Extremisten.“

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, zeigte sich besorgt darüber, dass es „bis in linksliberale bürgerliche Kreise hinein“ die Tendenz gebe, linke Gewalt zu verharmlosen. Den Anstieg linksextremer Gewalt um rund 60 Prozent bezeichnete er als „alarmierend“. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, warnte sogar vor einer „Renaissance des linken Terrorismus in neuem Gewand“.

Beim Thema Islamismus zählte der Verfassungsschutz seit dem Jahr 2000 sieben ernsthafte Anschlagsversuche. Die Zahl der Islamisten wird auf 36 270 geschätzt, rund 1500 mehr als 2008. Darunter sind junge Konvertiten. Allein 2009 haben sich mehr als 30 Personen nach Pakistan abgesetzt, insgesamt wurden 200 Personen in Terrorcamps geschult, die Deutschland gefährlich werden könnten.

Berliner Morgenpost, 22.06.2010

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