PRESSEMITTEILUNG
08.07.2010
47/2010
Amnesty Bericht über mutmaßliche Polizei-Gewalt in Deutschland
DPolG: Kennzeichnungspflicht gefährdet Polizisten
Zum heute vorgestellten Bericht von Amnesty International über mutmaßliche Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland äußerte sich DPolG Bundesvorsitzender Rainer Wendt in Berlin:
„Gewaltanwendung von Polizisten im Einsatz wird sehr viel häufiger behauptet, als dass sie tatsächlich stattfindet. Vorwürfe gibt es immer wieder, in Wahrheit werden die meisten Strafverfahren schon rasch eingestellt. Leider wird meistens nur von den Vorwürfen berichtet, der Ausgang des späteren Ermittlungsverfahrens ist dann meist außerhalb des öffentlichen Interesses. Wenn Polizisten in dieser Form „ausrasten“, wird dies in der Regel von der Polizei selbst erkannt, aufgedeckt, ermittelt und zur Anzeige gebracht. Gelegentlich unterstellte „Kameraderie“ wären Dienstvergehen, die ihrerseits streng geahndet werden.
Stress, Überforderung, Wut und Angst im Einsatz, alles das sind menschliche Regungen, die auch ausgebildeten Profis nicht fremd sind. Polizisten sind besonders geschulte und ausgebildete Menschen, die eine hohe Stressresistenz haben – aber sie sind eben auch nur Menschen. Auch und gerade in Großeinsätzen fühlt sich die Polizei insgesamt allein auf sich gestellt: Politik und Justiz versagen komplett, die Polizei muss es ausbaden. Angesichts brutaler Attacken auf die Einsatzkräfte können Emotionen durchaus im Einzelfall zu Überreaktionen führen.
Die Polizei versucht ständig, dies durch intensive Fortbildung wie Konfliktbewältigungstrainings möglichst auszuschließen, aber die personellen Kapazitäten, dies in ausreichender Form machen zu können, reichen schon lange nicht mehr. Eine Supervision von Einsatzsituationen, von uns lange gefordert, existiert in Wahrheit nicht.
Die Schwelle zur Gewaltanwendung liegt grundsätzlich sehr hoch, unsere Beamten lassen sich anschreien, anpöbeln, treten, bespucken und beleidigen – aber irgendwann reicht
es auch den stabilsten und gelassensten Polizisten und dann müssen polizeiliche Maßnahmen auch mit Gewalt durchgesetzt werden. Gewalt durch Polizisten ist stets Reaktion auf Angriffe auf die Einsatzkräfte.
Namensschilder auf Polizeiuniformen sind geeignet, die Polizisten und ihre Familien in ihrer privaten Atmosphäre zu attackieren und in Gefahr zu bringen. Es gibt etliche Beispiele dafür, dass Namen von Polizisten im Internet verbreitet werden, niemand ist dann noch vor Angriffen im privaten Bereich geschützt. Mit der Verpflichtung zum Tragen von Namensschildern ist auch die Treuepflicht des Beamten überstrapaziert, denn kein Dienst-
herr kann den Beamten dazu verpflichten, die Gesundheit und das Leben seiner Familie aufs Spiel zu setzen.
Auch Nummern oder Zeichen auf Uniformen sind Unfug. Erstens stellen sie alle beteiligten Polizisten eines Einsatzes unter Generalverdacht, zum Straftäter werden zu können. Zweitens sind sie geeignet, die Beamten willkürlichen Vorwürfen auszusetzen, gegen die sie sich dann zur Wehr setzen müssen (jeder Ganove weiß, dass man Polizisten nur anzeigen und beschuldigen muss, um ihnen schon durch das Verfahren erheblich zu schaden) und drittens ermittelt die Polizei Beschuldigte in den eigenen Reihen stets erfolgreich und mit professionellen Ermittlungsmethoden. Deshalb lehnen wir auch Kennzeichnungen, gleich welcher Art, ab.“
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V.i.S.d.P.: Rainer Wendt