Koalitionsstreit um Sicherheit für Polizisten
Union kritisiert Gesetzentwurf der FDP-Justizministerin
Im Vorfeld der möglichen Ausschreitungen am 1. Mai streitet die Koalition über den Schutz der Polizei. Innenminister de Maizière (CDU) fordert ein höheres Strafmaß bei Angriffen auf die Beamten, Justizminister Leutheusser-Schnarrenberger lehnt dies ab.
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Berlin. Wenige Tage vor den befürchteten Ausschreitungen am 1. Mai ist in der schwarz-gelben Koalition ein Streit um die Verschärfung der Strafen bei Gewalt gegen Polizisten entbrannt. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wies Forderungen des Innenministers Thomas de Maizière (CDU) zurück, Angriffe auf Polizeibeamte härter zu bestrafen. Das Thema dürfe nicht politisch instrumentalisiert werden, warnte sie.
De Maizière forderte im „Hamburger Abendblatt“ ein „deutlich höheres Strafmaß“ für Gewalt gegen Polizisten, die Justizministerin müsse einen entsprechenden Gesetzentwurf nachbessern. Für Angriffe auf Polizisten müsse „eine Mindeststrafe von drei oder sechs Monaten eingeführt werden, die Höchststrafe muss von zwei auf fünf Jahre erhöht werden“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Leutheusser-Schnarrenberger tue sich schwer damit, „die Polizeieinsatzkräfte besser zu schützen“. Die Justizministerin wies die Kritik mit scharfen Worten zurück. „Die Zunahme politisch motivierter Körperverletzungen gegenüber Polizisten ist ein Problem, das wirklich nicht mit Symbolik gelöst werden kann“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem „Hamburger Abendblatt“. „Jeder muss sich selbst fragen, ob verbale Eskalation im Vorfeld des 1. Mai wirklich dem Polizisten auf der Straße hilft.“ Wer behaupte, die Verletzung von Polizisten sei maximal mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht, dem empfehle sie einen Blick in das geltende Strafgesetzbuch. Schon bei einfacher Körperverletzung drohten bis zu fünf Jahren Haft, bei gefährlichen sogar bis zu zehn Jahre. Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Christian Ahrendt, warf der Union eine Blockadehaltung vor. Der Gesetzentwurf erfasse gezielt Randalierer, die Polizeibeamte angriffen, in dem er den Einsatz gefährlicher Werkzeuge und auch von Steinen, Flaschen und anderen Angriffsmitteln einbeziehe. Ein besserer Schutz der Polizisten wäre schon auf dem Weg, „wenn die Union die Umsetzung des Koalitionsvertrages nicht blockieren würde“.
Kritik an dem Gesetzentwurf kam auch von den Polizei-Gewerkschaften. Dieser lasse „nicht ansatzweise“ den Willen erkennen, die Polizei wirksamer vor der wachsenden Brutalität zu schützen, erklärte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Der Forderung der Gewerkschaft nach einem eigenständigen Strafrechtsparagraphen für tätliche Angriffe auf Polizeibeamte werde das Gesetz nicht gerecht. Der vorgelegte Entwurf sei „entschieden zu lasch“, erklärte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. „Es ist doch niemandem zu erklären, warum die Beschädigung eines Streifenwagens härter bestraft werden kann als der Angriff auf einen Polizisten.“
Die Sicherheitsbehörden rechnen zum 1. Mai mit schweren Ausschreitungen besonders in Berlin und Hamburg. De Maizière (CDU) appellierte eindringlich an die Bürger, Gewalt aus der linken Szene nicht länger zu tolerieren. In Deutschland gebe es eine gute Tradition der öffentlichen Brandmarkung von Rechtsextremismus. „Das erwarte ich jetzt auch, wenn Gewalt aus der linken Szene kommt“, fügte der Minister hinzu. afp
Saarbrücker Zeitung, 27.04.2010