Stuttgarter Zeitung
Kontrollen der Behörden rücken ins Blickfeld
Die Horrortat von Lörrach hat auch die beiden Landeskabinette von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die in Herxheim (Kreis Südliche Weinstraße) gemeinsam tagten, nicht unberührt gelassen. Der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach dem Kollegen Stefan Mappus (CDU) zu Beginn des Treffens seine Anteilnahme aus. Im Anschluss an die Kabinettssitzung sagte der Stuttgarter Regierungschef Mappus zur neu entflammten Diskussion um ein schärferes Waffenrecht: „Ich warne vor vorschnellen Folgerungen.“
Nach dem Amoklauf in Winnenden sei das Waffenrecht überarbeitet worden. Nun gehe es darum, die Regelungen effizient umzusetzen. Am Ende aber stehe immer die Erkenntnis, dass sich solche Taten wie in Winnenden oder in Lörrach niemals mit letzter Gewissheit ausschließen ließen. Mappus widersprach dem Vorhalt, aus wahltaktischen Gründen Rücksicht auf die Schützenvereine zu nehmen und deshalb strengere Gesetze abzulehnen. In den Schützenvereinen werde im verantwortungsvollen Umgang mit Waffen Vorbildliches geleistet. Wer sage, „diese Strukturen machen wir jetzt platt, dann passiert so etwas wie in Lörrach nicht mehr“, mache es sich zu einfach. Mappus wandte sich dagegen, in jedem Waffenbesitzer eine latente Gefahr zu sehen. „Die Probleme werden nicht gelöst, wenn man über Nacht alles verbietet.“ Er versprach aber, erneut zu prüfen, ob es noch Lücken im Waffenrecht gebe.
Der Mainzer Regierungschef Beck sagte, es sei „immer einfach, sofort nach Gesetzesänderungen zu rufen“. Man könne solche Taten erschweren, aber nicht verhindern. Allerdings wollte sich der SPD-Politiker einer Gesetzesverschärfung auch nicht verweigern.
Die FDP-Landeschefin Birgit Homburger hingegen lehnt eine generelle Verschärfung des Waffenrechts ab. Allerdings müssten „die Aufbewahrungsvorschriften stärker überprüft werden“. Da gebe es offenbar Defizite. Wenn das Kontrollpersonal nicht ausreiche, sollten sich Kommunen ans Land wenden. Ein Kontrolldefizit sieht der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert, Waffen und Munition getrennt zu lagern. Sportschützen hätten „kein berechtigtes Interesse, Waffen und Munition zu Hause zu haben“.
Das fordern auch die Landtagsgrünen. Dies sei „für Sportschützen keine unzumutbare Belastung“, so Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Zwar werde man Sportschützen nicht unter Generalverdacht stellen, doch müsse dringend die Frage geklärt werden, „wie lange sich unsere Gesellschaft noch die Aufbewahrung von Waffen und Munition aller Art und in unbegrenzter Anzahl in Privatwohnungen leisten will“.
Die Landtags-SPD hält Äußerungen, das Waffenrecht sei in Ordnung, für vorschnell. Der Fraktionsgeschäftsführer Reinhold Gall und die Vizechefin und frühere SPD-Obfrau im Winnenden-Sonderausschuss, Karin Altpeter, wiesen darauf hin, dass nach dem neuen Waffenrecht die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition erlischt, wenn ein Sportschütze nicht regelmäßig an Schießveranstaltungen teilnimmt. Die SPD fordert sicherzustellen, dass die Waffenbehörden über gravierende Veränderungen bei Sportschützen informiert werden.