Korruptionsvorwürfe

Neuer Akten-Ausschuss eingesetzt
In Sachsen wird sich erneut ein Untersuchungsausschuss des Landtags mit der sogenannten Korruptionsaffäre beschäftigen. Linke, Grüne und SPD brachten am Donnerstag im Landtag einen entsprechenden Antrag ein und setzten ihn mit ihren Stimmen durch. CDU und FDP enthielten sich der Stimme, erklärten den Ausschuss aber für überflüssig.

Das Gremium soll klären, ob es in der 1990er-Jahren kriminelle Netzwerke im Freistaat gab und ob eventuell Politik, Polizei und Justiz darin verstrickt waren. Der erste im Juli 2007 eingesetzte Untersuchungsausschuss hatte zum Ende der Legislaturperiode im Sommer 2009 seine Arbeit eingestellt. Nach Ansicht von Linken, Grünen und SPD reichte dieser Zeitraum nicht aus, um die Arbeit umfassend abzuschließen. Die Mitglieder des neuen Ausschusses sollen im Juni gewählt werden.

Linke sieht noch zahlreiche Ungereimtheiten
Die Linke räumte ein, dass sich zwar viele Vorwürfe relativiert hätten. Dennoch gebe es offene Fragen und neue Erkenntnisse. Der Ausschuss soll unter anderem ein millionenschweres Grundstücksgeschäft in Leipzig untersuchen, bei dem der Sächsische Rechnungshof Ungereimtheiten festgestellt hatte. Geprüft werden soll auch, wann und auf welche Weise die Landesregierung beispielsweise von den Ermittlungen zum Kinderbordell „Jasmin“ in Leipzig oder zum Fall Klockzin erfahren hat. Im „Fall Jasmin“ wurde nur der Betreiber des Bordells verurteilt. Im Fall Klockzin ging es um den ehemaligen Wohnungsbau-Manager Martin Klockzin. Er hatte im Oktober 1994 bei einem Mordanschlag lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Als Täter wurden später zwei Immobilien-Unternehmer verurteilt.

Ausschuss 13 Monate verspätet gestartet
Der rechtspolitische Sprecher der Linken, Klaus Bartl, wirft der Regierung vor, den alten Ausschuss bei der Aufklärung behindert und falsch informiert zu haben. So hätte erst 13 Monate nachdem der Ausschuss seine Arbeit aufgenommen hatte, der erste Zeuge verhört werden können. 788 angeforderte Ordner mit Behördenakten seien erst neun Monate vor Ende der Legislaturperiode angekommen. Etwa 50 Zeugen hätten nicht mehr gehört werden können. Die Wiedereinsetzung des Untersuchungsausschusses hätte sich die Landesregierung selbst eingebrockt, sagte Bartl: „Durch die einjährige Blockade der Aufklärungsarbeit konnte aus Zeitgründen nur ein Drittel des damaligen Untersuchungsauftrages abgearbeitet werden.“

Diese ehemalige Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes gilt als Schlüsselfigur in der Affäre.
Grüne: Vertuschung und Scheinaufklärung
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Johannes Lichdi sagte, es gebe viele wichtige Details, die noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen seien. Lichdi sprach von Vertuschung und Scheinaufklärung. „Die Blockadepolitik der Staatsregierung darf nicht in dem Moment triumphieren, in dem die Verschleierungsfassade vom Sachsensumpf als Gerüchtesammlung einer ‚durchgeknallten‘ Referatsleiterin im Verfassungsschutz sowie die eilfertigen Entlastungshypothesen der Staatsanwaltschaft Dresden Stück für Stück zerbrechen.“ Lichdi bezieht sich dabei auf die Vernehmung der Verfassungsschutzmitarbeiterin Simone Henneck. Sie hatte vor dem Ausschuss die Manipulation der Akten bestritten.

Lidchi räumte zugleich ein, die Existenz korrupter Netzwerke sei bisher nicht nachgewiesen. „Alle Sachverhalte können mit Nachlässigkeit, Schlamperei, Fehlsteuerung der Ermittlungsbehörden, Korpsgeist gegen angebliche Nestbeschmutzer oder mit dem Überlebenskampf eines angeschlagenen Ministerpräsidenten erklärt werden.“ Aber auch das müsse aufgeklärt werden.

SPD: Zweifel müssen ausgeräumt werden
Die SPD-Rechtsexpertin Sabine Friedel sagte: „Die Gerüchte von einem Sachsensumpf haben sich als haltlos erwiesen.“ Es seien aber Zweifel geblieben. Der Ausschuss habe die Aufgabe, diese Zweifel auszuräumen. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Christian Piwarz, warf den Oppositionsfraktionen vor, es gehe ihnen nur um Skandal-Schlagzeilen. „Die Legende vom Sachsensumpf soll weitergestrickt werden.“

Sachsen war im Herbst 2006 wegen einer vermeintlichen Korruptionsaffäre, die als sogenannter Sachsenssumpf bekannt wurde, in die Schlagzeilen geraten. Die Rede war von kriminellen Netzwerken und mafiösen Strukturen, in die auch ranghohe Staatsdiener verwickelt seien. Der sächsische Verfassungsschutz hatte jahrelang Akten über angebliche Kontakte von Juristen und Politikern zur organisierten Kriminalität gesammelt. Externe Prüfer kamen zum Ergebnis, dass die Dossiers überwiegend aufgebauscht worden seien.

Zuletzt aktualisiert: 20. Mai 2010, 09:46 Uhr

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