Stern, 10.08.2010
Sicherheitsverwahrung: Niedersachsens Justizminister lehnt Internetpranger ab
In der Debatte um die Sicherungsverwahrung von Schwerverbrechern hat sich der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten von Straftätern im Internet ausgesprochen.
In der Debatte um die Sicherungsverwahrung von Schwerverbrechern hat sich der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten von Straftätern im Internet ausgesprochen. Das sei der ganz falsche Weg, sagte Busemann der „Neuen Presse“ (Dienstagsausgabe) aus Hannover. Wenn ein Gericht die Sicherungsverwahrung aufgehoben habe, dann hätten die Entlassenen Persönlichkeits- und Schutzrechte. „Viel wichtiger ist, sie gar nicht erst freizulassen“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Dazu regte Busemann die Schaffung von Einrichtungen an, die sich deutlich von der Strafhaft unterscheiden. „Dort muss es Therapie- und Beschäftigungsangebote geben“, sagte er.
Auch der Verfassungsrechtler und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) lehnte einen Internetpranger für freigelassene Straftäter als „hochproblematisch“ ab. „So etwas würde mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kollidieren, das durch die Verfassung geschützt ist. Und dieses Recht steht jedem Menschen zu – auch einem Kriminellen“, sagte Scholz dem „Hamburger Abendblatt“ vom Dienstag. Würden Namen, Fotos und aktuelle Aufenthaltsorte der Täter im Netz veröffentlicht, sei dies eine klare Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte und der Intimsphäre.
„Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat jeder Straftäter das Recht auf Resozialisierung – und das bedeutet, dass man eben nicht an so einen öffentlichen Pranger gestellt werden darf“, sagte Scholz. Er glaube nicht, dass durch ein solches Instrument der Schutz der Bevölkerung verbessert werde. „Das Internet kann nicht die Warnfunktion übernehmen, die sich manche davon versprechen. Dazu ist das Netz viel zu weitläufig und anonym“, sagte Scholz.
FDP und Union streiten um die Neuregelung der Sicherungsverwahrung. Grund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hatte es für menschenrechtswidrig erklärt, dass die Sicherungsverwahrung, die bis 1998 nur für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden konnte, für einige Straftäter im Nachhinein verlängert worden war. Berichten zufolge befinden sich infolge des Straßburger Urteils bereits 16 Schwerverbrecher auf freiem Fuß, 84 weitere müssten noch in diesem Jahr entlassen werden.
Mehrere Unionspolitiker hatten gefordert, die Aufenthaltsorte bestimmter Sexualstraftäter künftig öffentlich zu machen. Für eine Veröffentlichung der Daten hatte sich auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, ausgesprochen. Bundesjustiz- und Innenministerium lehnten die Pläne ab.