Dresden (dpa/sn) – Sachsens Opposition will jetzt die Verantwortung der Justiz in der Handydaten-Affäre in den Blickpunkt rücken. Am Montag entbrannte Streit um die von Linken, SPD und Grünen verlangte Sondersitzung des Landtagsausschusses für Recht und Verfassung. Parlamentspräsident Matthias Rößler hat nach Auskunft der Linksfraktion den zur Sitzung eingereichten Antrag an den Innenausschuss überwiesen. Sollte es dabei bleiben, wollten Linke, Grüne und SPD die Einberufung einer Landtagssondersitzung verlangen. Am Nachmittag liefen dazu Gespräche zwischen den Fraktionen. Mit einer Entscheidung wird erst für diesen Dienstag gerechnet.
«Unsere Forderung nach einem Bericht des Datenschutzbeauftragten muss durch den Rechtsausschuss, denn es geht um die Verantwortung der Staatsanwaltschaft für die Vorgänge», sagte der Linken-Rechtsexperte Klaus Bartl. Der Auftrag für solch einen Sonderbericht müsse noch vor der Sommerpause ausgelöst werden, damit im Herbst weiter die politischen Verantwortlichkeiten für die massenhafte Datenabfrage am Rande der Anti-Nazi-Demonstration vom 19. Februar in Dresden geklärt werden könnten. Die Linksfraktion will in der Sitzung zudem umfassende Auskünfte über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einfordern. «Es muss auch die politische Verantwortung von FDP-Justizminister Jürgen Martens in den Blick genommen werden», sagte Bartl.
Unterdessen legte die Grünen-Landtagsfraktion eine Liste mit Vorschlägen zur Änderung der Strafprozessordnung vor, die in die von Sachsen angekündigte Bundesratsinitiative im Zusammenhang mit der Affäre einfließen sollten. Die Überwachung von Telefonen müsse deutlich beschnitten werden. Solche Maßnahmen sollten nur bei schweren Straftaten wie Mord und Totschlag, Taten gegen die persönliche Freiheit oder nach dem Völkerstrafgesetzbuch angeordnet werden können, sagte der Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi.
Lichdi will zudem, dass Datenabfragen, -auswertungen und -abgleiche ausführlich von einem Richter begründet werden müssen. Er sprach von rechtswidrigen Rasterfahndungen, weil Daten aus zwei Ermittlungsfällen abgeglichen worden waren. Eine sogenannte Funkzellenabfrage dürfe es bei friedlichen Demonstrationen nicht geben, forderte er zudem. Lichdi wiederholte den Vorwurf, dass mit der umstrittenen Auswertung von Mobilfunkdaten die friedlichen Teilnehmer der Dresdner Demonstration kriminalisiert würden. «Es geht darum, Widerstand gegen Nazis zu delegitimieren», sagte er in Richtung CDU und FDP.
Unterdessen reagierte die Staatsanwaltschaft Dresden auf Vorwürfe, wonach im Zusammenhang mit dem 19. Februar Busreisende ausspioniert worden seien. «Busunternehmen nach Passagieren zu befragen, das ist normale Ermittlungsarbeit wie in anderen Fällen auch, wenn wir schwere Straftaten aufzuklären haben», sagte Sprecher Lorenz Haase der Nachrichtenagentur dpa. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Extremisten aus dem linken und rechten Lager waren mehr als 100 Polizisten verletzt worden. «Wir müssen die Täter ermitteln.»
© dpa

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