Innenministerium arbeitet an neuem Polizeigesetz – Regierungspartner CDU und FDP uneins

Dresden. Sachsen will sein Polizeigesetz überarbeiten und dabei offenbar empfindlich verschärfen. Das Innenministerium formuliert derzeit einen entsprechenden Gesetzentwurf. Ein vorab herausgegebenes Positionspapier des Ressorts sorgt allerdings für Zoff in der schwarz-gelben Koalition. So will das CDU-geführte Ministerium beispielsweise die Wohnraum- und Telefonüberwachung erleichtern und ausweiten, die der Regierungspartner FDP überraschend heftig ablehnt

Die Liberalen, die sich noch im Wahlkampf als Hüterin der Bürgerrechte profilierten, aber bereits im Koalitionsvertrag in Sicherheitsfragen einige Zugeständnisse gemacht hatten, treten derzeit nicht nur beim Abhören auf vagen Verdacht hin gehörig auf die Bremse. Das bestätigte Carsten Biesok, Rechtsexperte seiner Partei im Landtag. Die Mehrzahl der Forderungen nach Verschärfung des Gesetzes sei mit der Entwicklung des Landes nicht zu rechtfertigen.

„So geht die Kriminalität außer in den Grenzregionen in Sachsen seit Jahren zurück und laut Verfassungsschutz stellen Terrorismus und Verbrechensorganisationen im Freistaat keine Gefahr dar“, sagt Biesok und fragt: „Warum soll so tief in elementare Bürger- und Menschenrechte eingegriffen werden?“ Aus seiner Sicht sollte die Polizei eigenmächtig überhaupt nicht abhören dürfen. Für ihn reicht die Strafprozessordnung, wonach ein Gericht bei einem dringenden Verdacht eine Überwachung anordnen kann. Diese Auffassung vertreten auch Sachsens Datenschützer. CDU-Innenexperte Volker Bandmann macht dennoch Druck. Für ihn bremse die FDP auf Bundesebene bereits genug. „Das neue Gesetz muss schnell kommen, um Sachsens Bevölkerung besser zu schützen.“ Auch das Ministerium wiegelt ab. Das Gesetz solle vor allem an die aktuelle Rechtslage angepasst und mit dem Koalitionsvertrag in Übereinstimmung gebracht werden, erklärte ein Sprecher. Neu sei aber die Einführung von Kfz-Kennzeichen-Erkennungssystemen, die die FDP in der geplanten Form jedoch ablehne, hieß es.

Angeblich soll die Kennzeichenfahndung auch im grenznahen Raum zur Jagd auf geklaute Autos dienen. Dafür sei die Technik, bei der Daten nicht gespeichert werden dürfen, nicht geeignet, meint das Brandenburger Innenministerium. „Die Fahrzeuge sind viel zu schnell über die nahe Grenze verschwunden.“ Ein Referatsleiter wurde deutlich: Über Monate sei insgesamt „nur eine Handvoll Autos“ an der Grenze zu Polen gefunden worden.

Überrascht von der Gesetzesinitiative zeigte sich die Opposition im Sächsischen Landtag. Johannes Lichdi (Grüne) sieht einen neuen Versuch, verfassungsrechtliche Grenzen aufzuweichen. Für Klaus Bartl (Linkspartei) passt das Vorhaben „angesichts rückläufiger Kriminalitätszahlen nicht in die Landschaft“.

Bereits 2007 hatte die CDU in der Koalition mit der SPD eine Novelle des Gesetzes versucht, war aber an der SPD gescheitert. Eine abgespeckte Form kam zwar noch durchs Kabinett, wurde aber dem Landtag nicht mehr zugeleitet.

Von Uwe Kuhr

Erschienen am 02.08.2010

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