PRESSEMITTEILUNG
29.12.2010
85/2010
2010: Die Polizei zieht bittere Bilanz
Einsatzbelastung sprengt alle bisherigen Grenzen –
Vertrauen in die Politik im freien Fall
Fußballeinsätze, 1. Mai und andere Großdemos, Loveparade und Rockerkriminalität, Castor-Großeinsatz, Stuttgart 21 und Terrordrohungen – wohl nie zuvor war die Polizei gefordert wie in diesem Jahr. Dauerhaft sind Hunderte Polizisten gebunden zur Bewachung entlassener Sicherungsverwahrter und noch immer beschützen bewaffnete Polizisten Flughäfen, Bahnhöfe und Weihnachtsmärkte, weil die Terrorwarnungen noch gelten. „Die Belastung hat alle bisher gekannten Grenzen gesprengt“, so der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Auch wenn die meisten Einsätze glimpflich abgingen, zieht die Polizei eine bittere Bilanz, denn sie fühlt sich vor allem von der Politik zusehends im Stich gelassen.
In Berlin erklärte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt:
„Egal in welcher Funktion, die Polizistinnen und Polizisten in Deutschland waren in diesem Jahr teilweise bis zur Erschöpfung gefordert. Schon die tägliche Einsatzbewältigung der Streifenbeam-ten, Häusliche Gewalt, sturzbetrunkene Kinder, ausrastende Jugendliche und kriminelle Banden in unseren Städten, ist kaum noch adäquat zu schaffen. Viele Schichtdienstbeamte sind weit älter als 50 Jahre und leider unter schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, ohne Aussicht auf Ersatz durch Jüngere.
Und noch dramatischer sieht es bei den Großeinsätzen aus. Zigtausende Polizisten sind quer durchs Land unterwegs, um eine Politik durchzusetzen, die von der Bevölkerung kaum noch verstanden, geschweige denn, akzeptiert wird. Fehlende Gesetze und absurde Gerichtsurteile binden Polizeikräfte und lähmen die Möglichkeiten der Strafverfolgung.
Unsere Kolleginnen und Kollegen sind empört und verbittert über die Reaktionen der Politik. Statt echter Anerkennung erfahren sie nur leere Worte und Beteuerungen der Hochachtung. Dieselben Politiker beschließen dann Einkommenskürzungen und Personalabbau, das versteht niemand mehr. Das Ansehen der Politik bei Polizistinnen und Polizisten in Deutschland befindet sich im freien Fall und das darf man nicht unterschätzen. Immerhin sind es Polizisten, die den inneren Frieden sichern und politische Entscheidungen notfalls durchsetzen sollen.
Leider ist keine Besserung in Sicht, denn Haushaltsbeschlüsse zu weiteren Einkommenskürzun-gen sind bereits beschlossene Sache. Auch der Personalabbau, vor allem in Ostdeutschland, wird sich ungebremst fortsetzen. Die Bevölkerung wird sich also zusehends auf lange Wartezeiten einstellen müssen, etwa nach einem Verkehrsunfall, einem Wohnungseinbruch oder Sachbeschädigung. Deutschland ist ein sicheres Land, aber die Politik tut vieles daran, diesen Standortvorteil zu verspielen.“
Herausgeber: DPolG-Bundesleitung
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