Bernd Merbitz verspricht, dass Beamte auch nach Reform in kürzester Zeit zu Hilfe eilen – Neue Funkwagen sollen Reviere entlasten
Trotz eines massiven Stellenabbaus bis 2025 soll Sachsens Polizei unverändert leistungsfähig und präsent bleiben. Vor allem auf den Führungsebenen werde Personal wegfallen, betont Landespolizeipräsident Bernd Merbitz. Mit ihm sprach Hubert Kemper.
Freie Presse: Der geplante Stellenabbau beunruhigt die Bevölkerung, sagen etliche Bürgermeister. Lässt Sie das kalt?
Bernd Merbitz: Wir nehmen die Sorgen der Menschen sehr ernst. Deswegen versuchen wir, den Emotionen belastbare Fakten entgegen zu setzen.
Freie Presse: Fakt ist aber, dass Sie 2600 Stellen bis zum Jahr 2025 abbauen müssen. Das soll ohne Sicherheitslücken gelingen?
Ja, denn der wesentliche Teil der Personal-Einsparungen trifft die Führungsebenen und die Verwaltung. Da haben wir Speck angesetzt und werden beweglicher sein, wenn die Reform abgeschlossen ist.
Freie Presse: Wie kann die Polizei noch rechtzeitig vor Ort sein, wenn Sie die nahezu die Hälfte der Reviere schließen wollen?
Die Einsätze unsere Streifenwagen werden so gut organisiert sein, dass innerhalb kürzester Zeit Hilfe gewährleistet ist. Schließlich wird es auch dezentrale Standorte geben.
Freie Presse: Die Polizeigewerkschaft bezweifelt, dass die geforderte Interventionszeit von zwölf Minuten eingehalten werden kann.
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Kein Bundesland hat Interventionszeiten, die sich an den geforderten zwölf Minuten von Feuerwehr und Rettungsdiensten orientieren. Wir haben in Sachsen über eine Millionen Polizeieinsätze im Jahr. Es wird auch künftig Bagatell-Unfälle geben, die warten müssen, wenn woanders eine Geiselnahme stattfindet.
Freie Presse: Ein Polizeirevier war für kleinere Städte wie Burgstädt oder Wurzen auch Ausdruck kommunaler Bedeutung. Schwächen Sie nicht unnötig den Stolz vieler Kommunen?
Die Anbindung kleinerer Reviere an größere, wie Wurzen an Grimma, macht aus organisatorischen Gründen Sinn. Auch die verbleibenden kleineren Standorte behalten weiterhin Zuständigkeiten, zum Beispiel für Kriminal- und Streifendienst.
Freie Presse: Unter dem Strich geht mit dem Personalabbau die Nähe zur Polizei verloren.
Diese Befürchtung ist unberechtigt. Wir setzen dabei auf den Bürgerpolizisten als gut vernetzten Ansprechpartner im Rathaus und wir erledigen künftig in den interaktiven Funkwagen 30 Prozent der Arbeiten, die bisher im Revier erledigt worden sind. Ab 2012 werden wir rund 1000 dieser Fahrzeuge erhalten.
Freie Presse: Sachsen schmückte sich bisher gern als eines der sichersten Länder. Gilt das noch nach der Häufung von Autodiebstählen und Einbrüchen?
Unsere langen Außengrenzen zu Tschechien und Polen, aber auch das besondere Gefährdungspotenzial einer Großstadt wie Leipzig sind ja Gründe, die uns zu einer recht maßvollen Reduzierung unseres Personalbestands veranlassen. Auch nach 2025 werden wir im Vergleich mit westdeutschen Flächenländern besser bestückt sein. Zweifellos wird die Herausforderung für jeden unserer Beamten künftig größer sein als derzeit.
Der Streifenwagen der Zukunft
Interaktive Funkstreifenwagen sollen ab 2012 in Sachsen die Arbeit der Polizei verbessern. Dabei kann auf Erfahrungen in Brandenburg zurückgegriffen werden, wo der Einsatz solcher Fahrzeuge erprobt wurde. Laut Potsdamer Innenministerium war der Test erfolgreich, die Fahrzeuge können aber kein Revier ersetzen. Dort lagern Waffen, finden Schichtwechsel statt oder befinden sich Arrestzellen. Auch als Anlaufstelle für den Bürger bleibt das Revier unverzichtbar.
Ein Multifunktions-PC an Bord des Streifenwagens steuert alle Anwendungen wie etwa das Auftragsmanagement. Geht ein Hilferuf in der Leitstelle ein, werden alle Daten elektronisch erfasst und an die Streifenwagenbesatzung übermittelt.
Das Navigationssystem zeigt den Weg zum Einsatzort an sowie andere für den Einsatz relevante Ortsinformationen. Auch der Standort anderer Streifenwagen ist zu sehen.
Videokameras an der Front und im Heck zeichnen Kontrollvorgänge der Polizisten auf. Jeder Kontrollierte wird darauf hingewiesen. Damit sollen auch potenzielle Angreifer abgeschreckt werden.
Ein mobiler Rechner steht zur Bearbeitung von Vorgängen wie der Anzeigen-Aufnahme zur Verfügung. Die Daten können direkt ans Revier übermittelt werden. Auch Scanner und Drucker befinden sich an Bord. (te)
erschienen am 24.05.2011