Abschlussbericht: Polizeieinsatz am 5. März war angemessen
Polizei zieht Fazit nach Streit um Verhältnismäßigkeit
Chemnitz. Insgesamt sieben Verletzte, 56 Strafanzeigen, 17 Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie eine breite Debatte um den NPD-Aufmarsch, die Gegenveranstaltungen und den Polizeieinsatz: Das ist das Ergebnis der Ereignisse vom 5. März in Chemnitz. Die Polizei hat ihre Aufarbeitung der Geschehnisse offiziell abgeschlossen.
In seiner Einschätzung wies Uwe Reißmann, Präsident der Polizeidirektion (PD) Chemnitz-Erzgebirge, die heftige Kritik aus Politik und Öffentlichkeit am Vorgehen der Beamten zurück. „Ich lasse die Polizei nicht zum Buhmann werden dafür, dass sie ihren Auftrag erfüllt hat, der ihr durch die Verfassung und durch das Verwaltungsgericht aufgegeben wurde“, unterstrich er vor Journalisten: Die Polizei hatte die genehmigte NPD-Demo zu sichern sowie eine Art Sicherheits-Korridor von 100 Metern rechts und links des Demonstrationszuges frei zu halten. „Polizisten haben das Versammlungsrecht durchzusetzen – ob sie damit einverstanden sind oder nicht“, so der Chemnitzer Polizeichef. Wenn die Politik diese gesetzlichen Rahmenbedingungen anfechte, so der 55-Jährige an die Adresse von Kommunal- und Landespolitikern, sei es an ihr, sie zu ändern.
Zwei Monate hatte es gedauert, die Einsatzberichte der Polizisten aus fünf Bundesländern sowie Bildmaterial und Hinweise aus der Bevölkerung auszuwerten. Der Polizeichef bedauerte gestern, dass er damit nicht eher an die Öffentlichkeit gehen konnte, weil viele der 1700 Beamten im Anschluss zu neuen Einsätzen geschickt worden seien und sich die Aufarbeitung daher verzögert habe. In der Zwischenzeit sah sich die Polizei heftiger Kritik ausgesetzt, nachdem Demonstranten ihr unangemessene Gewalt und Politiker Drohgebärden im Vorfeld vorgeworfen hatten, weil sie vor der Teilnahme an rechtswidrigen Blockaden gewarnt hatte: „Das ist an den Haaren herbeigezogen“, erwiderte Reißmann. Es sei „Pflichtaufgabe der Polizei und auch der Stadt als Polizeibehörde, vor Verstößen gegen geltendes Recht zu warnen“.
Beim Einsatz selbst seien die Einsatzkräfte auf insgesamt fünf Blockaden des NPD-Demonstrationszuges gestoßen: Sie alle seien aufgelöst worden oder hätten sich von selbst aufgelöst, so die Polizei. Dabei seien auch Demonstranten abgedrängt oder aus Sitzblockaden getragen worden. Reißmann wies Darstellungen zurück, wonach Schlagstöcke verwendet wurden. Lediglich zwei kurze Stöße von Pfefferspray seien abgegeben worden. Insgesamt bescheinigte er den Beamten ein „professionelles Vorgehen“. Einzelheiten zu den sieben Strafanzeigen gegen Polizisten wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt wollte er gestern nicht nennen, weil die Vorgänge in Bearbeitung seien. Er gehe aber davon aus, dass sich die Vorwürfe sicher als haltlos erweisen würden. Die Entscheidung über die insgesamt 56Strafanzeigen, darunter gegen Demonstranten, liege jetzt bei der Staatsanwaltschaft.
Während der Polizeichef unter die Geschehnisse 2011 einen Schlussstrich ziehen will („Wir schließen das Thema jetzt ab.“), fürchtet er für 2012 bereits „ein ähnliches Dilemma wie in diesem Jahr“. Damit spielte der Polizeipräsident auf die Ablehnung der NPD-Demo durch die Stadt an, der das Verwaltungsgericht widersprochen hatte, weil keine Gründe für eine Ablehnung vorlägen. Im Rathaus liegt bereits eine Anmeldung der NPD für den nächsten Trauermarsch vor, außerdem rund 20Anmeldungen für Gegenveranstaltungen. Polizei wie Verwaltungsgericht mahnten gestern an, dass Versammlungsbehörden der Stadt und Polizei bei der Abstimmung über Demonstrationen und Gegendemonstrationen eng zusammenarbeiten müssten.
erschienen am 12.05.2011 ( von Grit Baldauf )