Welt online, 12.07.2010

Berlin – Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat große Vorbehalte gegen die Aufnahme von zwei Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo in Deutschland. „Beide Häftlinge haben bei einer Terrorausbildung in Afghanistan nicht Töpfern, sondern Töten gelernt“, mahnte Gewerkschaftschef Rainer Wendt am Wochenende. Nur Hellseher könnten vorhersagen, ob von den beiden künftig keine Gefahr ausgehe.

Die Grünen bezeichneten die Äußerungen als „beschämend“. Die Aufnahme der Männer sei „nichts anderes als ein Akt der Humanität“. Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD), dessen Land einen ehemaligen Häftling aufnehmen wird, verteidigte den Schritt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass Deutschland zwei Guantánamo-Häftlinge aufnehmen wird. Die beiden Männer werden Anfang September erwartet. Der „Focus“ berichtete, nach Plänen des Bundesinnenministeriums und der Länder dürften sich die Ex-Häftlinge hier nicht frei bewegen. Bruch sagte, geplant sei ein „Aufenthaltsstatus mit einer räumlichen Begrenzung“. Zudem würden die beiden Männer „zu ihrem eigenen Schutz von der Öffentlichkeit und den Medien abgeschirmt“. Geplant ist auch eine Betreuung durch Psychotherapeuten. DW

Süddeutsche Zeitung, 12.07.2010
Saar will USA nicht helfen
Saarbrücken – Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sieht die geplante Aufnahme von zwei Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo in Deutschland kritisch. ‚Entweder geht von den Häftlingen keine terroristische Gefahr mehr aus. Dann gibt es keinen Grund, warum sie nicht in den USA bleiben. Wenn sie aber gefährlich sind, gibt es keinen Grund, sie in Deutschland aufzunehmen‘, sagte Müller der Tageszeitung Bild. Das Saarland sei nicht um Aufnahme gebeten worden, erklärte Müller, ‚wir hätten aber auch keinen Häftling aufgenommen.‘ Heftige Kritik an der Aufnahme der beiden Häftlinge übte die Deutsche Polizeigewerkschaft. ‚Beide Häftlinge haben bei einer Terror-Ausbildung in Afghanistan nicht Töpfern, sondern Töten gelernt‘, schrieb Gewerkschaftschef Rainer Wendt in einem Beitrag für die Bild am Sonntag.

Rheinische Post, 10.07.2010

Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen umstritten
Männer sollen in Rheinland-Pfalz und Hamburg leben

Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen umstritten

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BERLIN – Die geplante Aufnahme der zwei Männer aus dem US- Gefangenenlager Guantánamo bleibt umstritten. Sein Land hätte keinen Häftling aufgenommen, sagte der saarländische Ministerpräsident, Peter Müller (CDU). Auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte die Entscheidung des Innenministeriums.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast bezeichnete die Debatte um Auflagen für die Häftlinge als »beschämend». Nach monatelanger Prüfung will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Kürze zwei Guantánamo-Gefangene aufnehmen. Vorrangig sei gewesen, »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass Terroristen ins Land geholt werden.»

»Nichts anderes als ein Akt der Humanität»

Die Männer sollen in Rheinland-Pfalz und Hamburg leben. Viele Deutsche sehen die Aufnahme allerdings trotz eingehender Sicherheitsprüfung skeptisch. Nach einer von »Bild am Sonntag» in Auftrag gegebenen Umfrage sprechen sich 51 Prozent dagegen aus, 39 Prozent dafür. Emnid befragte 500 repräsentativ ausgewählte Menschen.

Wendt kritisierte de Maizières Entscheidung und verwies auf zusätzliche Belastungen für die Polizei. »Da wird sich die Polizei in Rheinland-Pfalz und Hamburg bedanken», sagte er. Künast warf ihm vor, die beiden Männer vorzuverurteilen, indem er ihnen pauschal terroristische Absichten unterstelle. »Angesichts des Unrechts, das den beiden durch willkürliche Inhaftierung jahrelang angetan wurde, ist ihre Aufnahme in Deutschland nichts anderes als ein Akt der Humanität», so Künast.

Müller: Saarland hätte keine Häftlinge aufgenommen

Die zwei Häftlinge werden sich in Deutschland nicht frei bewegen dürfen, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD), dessen Land einen der Gefangenen aufnehmen wird, dem Magazin »Focus». »Sie erhalten einen Aufenthaltsstatus mit einer räumlichen Begrenzung.» Um sie zu schützen, sollten die Häftlinge von der Öffentlichkeit und den Medien abgeschirmt werden.

Das Bundesinnenministerium stimme sich eng mit den Innenministern der Länder ab, sagte ein Ministeriumssprecher. Saar-Regierungschef Müller hält die Aufnahme der Gefangenen für unplausibel, wie er der »Bild-Zeitung» sagte (Montag): »Entweder geht von den Häftlingen keine terroristische Gefahr mehr aus. Dann gibt es keinen Grund, warum sie nicht in den USA bleiben. Wenn sie aber gefährlich sind, gibt es keinen Grund, sie in Deutschland aufzunehmen.»

Das Saarland hätte keinen Häftling aufgenommen, so Müller – wenn es gefragt worden wäre. In dem US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba werden seit 2002 vor allem mutmaßliche Taliban oder Al-Kaida-Mitglieder ohne Anklage und ohne Zugang zu Anwälten festgehalten. Derzeit sitzen noch etwa 180 Terrorverdächtige dort ein.

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