Deutschland ein Wintermärchen 2010
„…womit man einlullt, wenn es greint, das Volk, den großen Lümmel“ *1
(Deutschland ein Wintermärchen 1844)
„Wie bei Johann von Sachsen, war das Wirken der wettinischen Landesherren seit dem mittelalterlichen Anfängen stets von christlichem Gedankengut bestimmt. Tatsächlich sollten in den heutigen Debatten um Sinn und Grenzen, Haltbarkeit und Unsicherheit der sozialen Systeme nicht allein bevölkerungs- oder finanzpolitische oder eng gefasste wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen. Eine Politik, die sich in ihren Wurzeln auf das Christentum beruft, muss auch von christlich bestimmter Fürsorge geprägt sein – und von der Fürsorgepflicht. Die soziale Geschichte Sachsens gibt dafür viele Anhaltspunkte.“*2
Was passierte in den 20 Jahren nach der deutschen Einheit in Sachsen? 19 Jahre hat man in Sachsen gebraucht, um den Beamten das ihnen zustehende Gehalt in voller Höhe zu zahlen – mit Stolz präsentierte die sächsische Staatsregierung vor den Wahlen, dass es endlich gelungen ist, die Angleichung an das Westniveau zu schaffen. Wahrscheinlich haben sich die sächsischen Beamten blenden lassen und daher das falsche Wählervotum abgegeben; was sich so sicher nicht wiederholen wird.
Aus Dankbarkeit dafür, geht die sächsische Koalition her und will allen sächsischen Beamten die Sonderzahlung streichen. Ein öffentlicher Akt der wahre christliche Fürsorgepflicht erkennen lässt!
Wer den Berufsethos unserer Kolleginnen und Kollegen und deren über 20 Jahre geschaffenen Leistung so angreift, hat vom Sinn und Zweck der Beamtenalimentierung wahrlich nichts verstanden. Doch die Beamten haben sich schon längst an die Worte Kaiser Wilhelms erinnert: „ Alles Unglück beginnt damit, dass das Volk zu denken anfängt!“
Nach vielen gescheiterten Reformversuchen hat auch der letzte sächsische Beamte verstanden, dass in Sachsen nicht reformiert wird, um zu verbessern, sondern allein nur des Reformierens wegen und um Professionalität vorzutäuschen.
Während der sächsische Innenminister und der Landespolizeipräsident zu Märchenaufführungen durch das Land reisen;
– es wird aufgeführt: „Des Kaisers neue Kleider“ von Hans Christian Andersen –
ist es an der Zeit, dass die kommunalen Verantwortungsträger auf die frisch aufgetischten Versprechen achten. Geschlossene Polizeidienststellen werden im Nachhinein nicht wieder geöffnet!
Mit technischen Geschenken und neuen Versprechungen, wie zum Beispiel
– mehr Bürgerpolizisten,
– der neue Polizeihubschrauber,
– der interaktive Streifenwagen und
– IT- Spezialisten
lenkt man vom eigentlichen Zweck der Reform ab. Die Polizei wird kaputt reformiert nach dem Motto, wir sparen jeden Euro, koste es was es wolle. Gebetsmühlenartig wird Kund getan, dass wir im Vergleich mit anderen Flächenländern Deutschlands zu viele Polizisten haben. Dabei wird von der arroganten Koalition in der Argumentation vergessen (oder absichtlich unterschlagen), dass Sachsen zwei Außengrenzen zu osteuropäischen Ländern hat, welche ein soziales Gefälle gegenüber der Bundesrepublik haben, was einen Anstieg der Eigentumsdelikte nach dem Wegfall der Grenzkontrollen schon von vornherein erwarten ließ. Wenn diese nun angedachte Reform zum Tragen kommt, dann sind auch Staaten wie zum Beispiel Rumänien und Bulgarien dem Schengener Abkommen beigetreten und deren Bürger können unkontrolliert durch Europa reisen.
Erinnern wir uns zurück an die 90er Jahre, als es trotz Grenzkontrollen nur mit einem enormen Aufwand an Sonderkommissionen gelang, osteuropäische Bandenkriminalität einzudämmen! Die neuangedachten Investitionsprogramme der sächsischen Polizei auf Kosten der Sonderzahlung werden dem Bürger zeigen, welche Ecken und Kanten diese so genannte Reform hat. Die Bürgerinnen und Bürger Sachsens müssen diesen politischen Schwachsinn nämlich ausbaden.
Wenn unser Ministerpräsident immerhin den stolzen Platz 3 bei seiner Alimentation im Vergleich mit seinen Amtsbrüdern im Bundesmaßstab erreicht, dann ist bei der Streichung der Sonderzahlung wohl kaum von christlicher Nächstenliebe die Rede. Wer dann als Abgeordneter mit € 1500 Weihnachtsgeld, versteckt in den Diäten, mit auf das Pferd des Ministerpräsidenten springt, der zeigt den Bürgerinnen und Bürgern Sachsens seine wahre Moral. Getreu dem Motto: „ …sie tranken heimlich Wein predigten öffentlich Wasser!“*3
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, vergessen Sie Ihren Koalitionszwang, handeln Sie als Abgeordneter im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und denken Sie an die vielen Polizistinnen und Polizisten die tagtäglich den hohen Sicherheitsstandard im Freistaat Sachsen gewährleisten.
Ach übrigens, das Wintermärchen von 1844 wurde postwendend vom preußischen Staat verboten. Warum wohl, hatte Herr Heine etwa Recht!?
Aber nicht nur Herr Heine schien geahnt zu haben, in welchen Zeiten wir uns bewegen:
„Wir übten mit aller Macht, aber immer, wenn wir begannen Zusammengeschweißt zu werden, wurden wir umorganisiert. Ich habe später im Leben gelernt, das wir oft versuchen, neuen Verhältnissen durch das Umorganisieren zu begegnen. Es ist eine fantastische Methode! Sie erzeugt die Illusion des Fortschritts, wobei Sie gleichzeitig Verwirrung schafft, die Effektivität vermindert und demoralisierend wirkt.“*4
*1 Heinrich Heine, „Deutschland ein Wintermärchen“ 1844
*2 Sächsische Zeitung 07.12.2010
*3 Heinrich Heine, „Deutschland ein Wintermärchen“ 1844
*4 Gaius Petronimus, röm. Feldherr, 80 n.Chr.