Problematik einer Blutentnahme nach § 81a StPO ohne vorherige richterliche Anordnung
Ein Beweisverwertungsverbot einer ohne richterliche Anordnung erfolgten Blutentnahme resultiert aus dieser Entscheidung nicht. Das OLG Hamburg argumentiert gegen die Annahme eines Beweisverwertungsverbots für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration in einem Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr, da das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs höher wiege als die körperliche Unversehrtheit des Angeklagten. Mehrere OLGs verneinen ausdrücklich ein Beweisverwertungsverbot, wenn der anordnende Polizeibeamte nicht willkürlich gehandelt hat.
Für die Praxis raten wir den Polizeibeamten, den betrunkenen oder berauschten Fahrzeugführer zu einer freiwilligen Blutentnahme zu bewegen. Die Freiwilligkeit ist in den Ermittlungsakten zu dokumentieren und vom Beschuldigten zu unterzeichnen. Verweigert der Beschuldigte die Blutentnahme, so ist bei sicherer Unerreichbarkeit eines Richters die Gefahr im Verzug im Einzelfall zu begründen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren. Vor allem zur Nachtzeit dürfen Polizeibeamten die Blutentnahme anordnen und müssen nicht bis zum Dienstbeginn am nächsten Morgen warten, wenn sie sicher wissen, dass in ihrem Bezirk kein richterlicher Notdienst eingerichtet ist. Nach Ansicht des Richters am BGH Hr. Maatz ist Gefahr im Verzug bei Drogenkonsum gut zu begründen, da die Abbaukinetik bei Drogenkonsum nicht zuverlässig erforscht und ein Zurückrechnen wie beim Atemalkoholgehalt nicht möglich sei.
Unter Polizeibeamten herrscht derzeit eine große Verunsicherung, ob Blutentnahmen, die nach einer Trunkenheitsfahrt aufgrund einer Anordnung durch den Polizisten selbst und ohne richterliche Anordnung gewonnen wurden, vor Gericht verwertet werden dürfen oder ob grundsätzlich ein Beweisverwertungsverbot bezüglich dieser Blutproben besteht. Diese Verunsicherung wurde hervorgerufen durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12.02.2007.
Der Entscheidung des BVerfG liegt kein Sachverhalt einer Trunkenheitsfahrt, sondern einer Wohnungsdurchsuchung zugrunde, bei der eine Plastikdose mit Cannabis-Anhaftungen gefunden wurde. Der Beschuldigte verweigerte eine Urinprobe zur Überprüfung des Cannabis-Konsums, sodass die Staatsanwaltschaft um 9 Uhr eine Blutprobe anordnete, die vom Arzt durchgeführt wurde. Die Verfassungsbeschwerde war teilweise erfolgreich, das BVerfG stellte eine Verletzung des Rechts des Beschuldigten auf effektiven Rechtsschutz fest, da sein Einwand, die Blutentnahme hätte nur durch einen Richter angeordnet werden dürfen, vom Landgericht ignoriert wurde.
Das BVerfG stellt fest, dass die Strafverfolgungsbehörden „regelmäßig versuchen müssen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen. Die Gefährdung des Untersuchungserfolges muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist.“ Das BVerfG mahnt damit die Einhaltung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses an, wie es in § 81a StPO vorgesehen ist.
Verena Zimmermann, Rechtsanwältin