Nach Anti-Nazi-Aufmarsch : Razzia bei Jenaer Jugendpfarrer König
Die sächsische Polizei hat am Mittwochmorgen die Wohnung und die Dienstzimmer des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König durchsucht. Das bestätigte seine Tochter, die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König, MDR 1 RADIO THÜRINGEN. 20 bis 30 Beamte der Dresdner Kriminalpolizei hätten dafür das Gebäude der „Jungen Gemeinde Stadtmitte“ in der Jenaer Johannisstraße komplett abgeriegelt.
Wie Dresdner Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, wird dem evangelischen Pfarrer aufwieglerischer Landfriedensbruch vorgeworfen. Hintergrund seien die Ausschreitungen bei einem Nazi-Aufmarsch in Dresden am 19. Februar. Ein Sprecher der Polizei Dresden sagte, Ziel des Einsatzes in Thüringen sei die „Sicherstellung von Kommunikations- und Tatmitteln“, die bei den Ausschreitungen in Dresden genutzt wurden. König wies die Vorwürfe zurück. Er habe durch die Anmeldung einer Spontandemonstration eher deeskalierend gewirkt.
Grüne, SPD und Linke kritisieren Aktion der sächsischen Polizei

Anja Siegesmund: „Gebaren der sächsischen Polizei ist unterirdisch“
Die Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund, die den Polizeieinsatz in Jena unmittelbar miterlebte, bezeichnete das Gebaren der sächsischen Polizei als „unterirdisch“. Nach ihren Worten, sollen weder das Thüringer Innenministerium noch die Polizei etwas von dem Einsatz gewusst haben. Siegesmund erklärte, der Einsatz werde ein parlamentarisches Nachspiel haben – in beiden Ländern.

Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Metz kritisierte den Einsatz der sächsischen Polizei in Jena. Er sagte, die zweifelhaften Methoden der sächsischen Justiz und Polizei dürften sich nicht auf Thüringen ausweiten. „Ich will wissen, welche Rolle die zuständigen Thüringer Behörden gespielt haben. Warum die sächsische Polizei in Thüringen wirkt.“

Der Jenaer Linke-Bundestagsabgeordnete Ralph Lenkert sagte, „ich habe den Eindruck, dass man auf sächsischer Seite den Protest gegen Neonazis kriminalisieren will.“ Es sei fraglich, welche Beweise jetzt überhaupt noch sichergestellt werden sollten. Die sächsischen Beamten hätten den anwesenden Abgeordneten jegliche Auskunft verweigert.

Ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums erklärte, das Ministerium sei erst unmittelbar vor Beginn der Polizeiaktion von der Durchsuchung informiert worden. Das Innenministerium wollte im Laufe des Tages noch eine Stellungnahme abgeben.
Polizisten bei Krawallen verletzt
Nach Angaben von Siegesmund haben die sächsischen Beamten auch den Kleinbus der Jungen Gemeinde beschlagnahmt. Er soll am 19. Februar mit Lautsprechern in der sächsischen Großstadt im Einsatz gewesen sein. Am 19. Februar hatten Tausende Menschen in Dresden einen geplanten Neonazi-Aufmarsch blockiert. Der Protest wurde von schweren Krawallen überschattet. Mehr als 100 Polizisten waren dabei verletzt worden. Am Rande der Demo erfasste die Polizei mehr als eine Million Handy-Daten, was bundesweit scharfen Protest auslöste.

Laut Siegesmund und Katharina König will die „Junge Gemeinde“, die zur evangelischen Kirche der Stadt gehört, heute 17 Uhr in Jena gegen die Durchsuchung demonstrieren.

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