Focus, 09.08.2010
Union prüft Verbrecher-Datei fürs Netz
Montag 09.08.2010, 09:13
Bis zu 80 Verbrecher kommen wegen des Urteils zur Sicherungsverwahrung in Deutschland auf freien Fuß. Jetzt schlägt der Innenexperte der CDU-Bundestagsfraktion vor, Name, Anschrift und Foto von Sextätern ins Netz zu stellen – und erhält Unterstützung.
„Ich wäre dafür zu prüfen, ob das rechtlich machbar ist“, sagte Reinhard Grinde dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Montag. „Wir bräuchten dann aber eine einheitliche Linie in Bund und Ländern. Sonst ziehen die Leute einfach um.“
Die Veröffentlichung von Daten auf Internetseiten der Polizei sei aber „allenfalls die zweitbeste Lösung“, so der CDU-Politiker und Innenexperte. Deshalb verstehe er nicht, warum sich Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der nachträglichen Sicherungsverwahrung „aus reiner Prinzipienreiterei“ widersetze.
Auch aus der CSU kam Zustimmung für eine öffentliche Verbrecher-Datei. „Zusätzlich zur Sicherungsverwahrung muss darüber nachgedacht werden, die Bevölkerung besser zu schützen“, sagte der CSU-Sicherheitsexperte Norbert Geis der „Bild“-Zeitung. „Dazu kann auch ein Hinweis im Internet über den Wohnort von gefährlichen und noch immer frei herumlaufenden Sexverbrechern zählen.“
„Wissen, ob Vergewaltiger in der Nachbarschaft wohnt“
Gegen einen Internet-Pranger wandte sich der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. „Man sollte nicht mit populistischen Vorschlägen an die Öffentlichkeit gehen. Das dient auch nicht der Polizei und wäre verfassungsrechtlich gar nicht haltbar.“
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Beide bezogen sich auf einen Vorschlag des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der in der „Bild am Sonntag“ geäußert hatte: „Ich will wissen, wenn ein Vergewaltiger in der Nachbarschaft meiner Enkelin wohnt.“