Süddeutsche.de:
Stuttgart (dpa) – Neue Gewalt im Streit um Stuttgart 21: Mehrere hundert Gegner des Bahnhofsprojektes haben am Montagabend eine Baustelle gestürmt und dabei neun Polizisten verletzt.
Ein Beamter wurde schwer verletzt, als er einen Demonstranten kontrollieren wollte, der zuvor eine Sachbeschädigung begangen hatte. Der Zivilbeamte wurde mit Kopf- und Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Nach der traditionellen «Montagsdemonstration» hatten Teilnehmer die Zäune zum geplanten Grundwassermanagement für den Bau des Tiefbahnhofs niedergerissen. Einige Aktivisten besetzten die Wassertanks, andere zündeten Knallbomben in der Nähe der Polizeikette.
Nach Angaben der Polizei erlitten acht Beamte ein Knalltrauma. Die Polizei sprach von einer schweren Aggression, feindseliger Stimmung und großer Emotionalität des Protestes. Zunächst hatten der Polizei zufolge am Montag 3000 Menschen friedlich gegen das 4,1 Milliarden Euro teure Bahnvorhaben demonstriert.
Zuletzt waren Ende September 2010 mehr als 100 Demonstranten und auch etliche Polizisten vor den Baumfällarbeiten für Stuttgart 21 im Stuttgarter Schlossgarten verletzt worden.
Der Sprecher für das Projekt, Wolfgang Dietrich, sagte: «Nach meinem ersten Eindruck handelt es sich hier nicht mehr um zivilen Ungehorsam oder Recht auf Demonstration. Das ist schlicht und einfach kriminell.» Der Stuttgarter CDU-Fraktionschef Peter Hauk betonte: «Diese Art der gewaltvollen Protestaktionen muss aufhören.» Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müsse seine abwartende Haltung aufgeben und die Demonstranten zur Friedfertigkeit aufrufen.
Dagegen sprachen die «Parkschützer», eine Gruppe von Aktivisten, von «gelöster Feierabendstimmung», in der rund 1000 Protestierende ein «Stück ihrer Stadt wieder in Besitz» genommen hätten. Die Versammlung sei friedlich verlaufen, es sei nicht zu Ausschreitungen gekommen. Die «Parkschützer» verlangen von der Bahn einen Baustopp.
Die Bahn hatte vor kurzem die seit Ende März ausgesetzten Bauarbeiten wieder aufgenommen – ungeachtet von Forderungen, diese mindestens bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstests Mitte Juli ruhen zu lassen. Die Verlegung von 17 Kilometern Rohren für das Grundwassermanagement im Stuttgarter Zentrum steht unmittelbar bevor. Die Ständer dafür wurden zum Teil bereits errichtet.