Nach Neonazi-Demo Thierse für Sitzblockade kritisiert
Sitzenbleiber. Wolfgang Thierse beim Protest gegen den Neonazi-Aufmarsch.

Die Teilnahme von Bundestagvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) an einer Sitzblockade gegen die Neonazidemo am 1. Mai ist gestern scharf kritisiert worden – und zwar vor allem von Parteifreunden und der Polizeigewerkschaft GdP. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Anja Hertel, zeigte sich empört. „Das war würdelos“, sagte Hertel. „Vor allem vom Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages erwarte ich, dass er sich an Recht und Gesetz hält.“ Auch SPD-Innensenator Ehrhart Körting betonte, dass „Bundestagsabgeordnete nicht über dem Grundgesetz stehen“. Die Polizei müsse das Demonstrationsrecht durchsetzen.

Neben Thierse hatten sich Pankows Bürgermeister Matthias Köhne (auch SPD), der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, sowie der Bundestagsabgeordnete und frühere Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) auf den Asphalt gesetzt. Wenig später setzte sich der grüne Abgeordnete Benedikt Lux dazu. Während Thierse und Wieland nach fünf Aufforderungen über den Lautsprecher der Polizei freiwillig die Straße räumten, musste Bürgermeister Köhne von zwei Polizisten regelrecht abgeführt werden. Hertel erklärte, dass Köhne Dienstvorgesetzter von vielen Angestellten des Bezirkes sei. Durch die Blockade habe er sich in dieser Funktion völlig diskreditiert.

„Die Beamten erfüllen ihre polizeiliche und wir tun unsere staatsbürgerliche Pflicht“, hatte Thierse später die Aktion gerechtfertigt. Körting erklärte gestern, er habe kurz zuvor Thierse gesagt: „Ich finde es nicht so toll, wenn Mitglieder von Verfassungsorganen sich an rechtswidrigen Aktionen beteiligen.“ Leider habe Thierse sich nicht daran gehalten, sagte Körting.

Folgen hat die Aktion für die Beteiligten nicht. Jörn Hasselmann

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