Tod bei Brechmitteleinsatz: BGH hebt Freispruch auf

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch für einen Polizeiarzt revidiert, der einem Drogendealer zwangsweise Brechmittel verabreicht hatte – der Mann starb daran.

Der Prozess um den tödlichen Einsatz von Brechmitteln bei einem mutmaßlichen Drogendealer muss neu verhandelt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch eines Bremer Polizeiarztes aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht Bremen zurückverwiesen. Die Richter des 5. Strafsenats begründeten ihre Entscheidung mit der mangelhaften Beweiswürdigung der Bremer Richter, die den Arzt vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen hatten.

Der Arzt hatte einem mutmaßlichen Drogenhändler aus Sierra Leone Brechmittel und Wasser per Magensonde verabreicht, um auf diese Weise an die Kokainkügelchen zu gelangen, die der Mann zuvor verschluckt hatte. Der 35-Jährige fiel während der Prozedur ins Koma und starb später im Krankenhaus. Das Bremer Landgericht hatte im Dezember 2008 erklärt, fahrlässige Tötung sei dem Angeklagten nicht nachzuweisen. Der Arzt habe sich zwar vieler Pflichtversäumnisse schuldig gemacht, aber mangels Qualifikation nicht vorhersehen und erkennen können, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Afrikaners lebensbedrohlich verschlechterte.

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Am 27. Dezember 2004 war der aus Sierra Leone stammende Mann in Bremen festgenommen worden, nachdem Polizisten ihn beim Verschlucken von kleinen Kügelchen beobachtet hatten. Auf der Wache verabreichte der angeklagte Mitarbeiter des ärztlichen Beweissicherungsdienstes dem 35-Jährigen zwangsweise große Mengen des Brechmittels – obwohl er laut Gericht weit entfernt von einem in diesen Dingen erfahrenen Facharzt gewesen sei.

Der Zustand des Inhaftierten verschlechterte sich danach zeitweilig so, dass der Angeklagte den Notarzt holte. Als sich der Afrikaner erholte, habe der Mediziner in Anwesenheit des Notarztes und mit Hilfe von Rettungssanitätern die Prozedur fortgesetzt, bis sich der Zustand des Mannes erneut deutlich verschlechterte.

Der Notarzt habe Wiederbelebungsmaßnahmen unternommen, im Koma liegend sei der Mann ins Krankenhaus gebracht worden. Letztlich führte nach Überzeugung des Gerichts der Sauerstoffmangel zunächst zu dem Koma und am 7. Januar zum Tod des Mannes.

Der Fall hatte seinerzeit in Bremen für ein politisches Beben gesorgt. Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) musste sich einem Misstrauensvotum stellen, das mit den Stimmen der früheren rot-schwarzen Koalition zurückgewiesen wurde.

(sueddeutsche.de/dpa/DAPD/pfau/dgr)

Zur Pressemeldung des BGH: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2010&Sort=3&nr=51782&anz=94&pos=0&Blank=1

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