Badische Zeitung, 25.11.2010
Die Union will die Vorratsdatenspeicherung ändern, doch die Justizministerin bleibt hart.
BERLIN (AFP/dpa). Etwa 20 Deutsche werden nach Einschätzung des pakistanischen Geheimdienstes derzeit in Terrorlagern im Grenzgebiet zu Afghanistan ausgebildet. Das sagte ein Offizier des Geheimdienstes ISI in Islamabad. Wegen der Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland rief Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bürger zu erhöhter Wachsamkeit auf. Nach der aktuellen Terrorwarnung ringt die Koalition um einen Kompromiss bei der Vorratsdatenspeicherung.
Während Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Mittwoch eine rasche Entscheidung zugunsten der Datenspeicherung anmahnte, lehnte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine Speicherung ohne konkreten Verdacht ab. Kauder bekräftigte im ARD-Morgenmagazin, die Unionsfraktion sei mit der Bundespolizei und den Landespolizeien der Auffassung, „dass wir die Vorratsdatenspeicherung brauchen“. Leutheusser-Schnarrenberger warf hingegen der Union vor, sie wolle „anlasslos und verdachtslos von Millionen Menschen monatelang alles speichern“. Die Ministerin plädierte dafür, nur solche Daten zu speichern, die anlassbezogen und konkret seien. Diese könne man den Sicherheitsbehörden unter engen Voraussetzungen zur Verfügung stellen. Kanzlerin Merkel (CDU) zeigte sich im Bundestag überzeugt, die Koalition werde Gesetze wie etwa das zur Vorratsdatenspeicherung „so besprechen, dass wir Lösungen finden“.
Kritik an der Vorratsdatenspeicherung übten erneut Grünen und Linke. Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz nannte es „verheerend, nun unüberlegt und aufgeregt einen gesetzgeberischen Schnellschuss in diesem verfassungsrechtlich so sensiblen Bereich abzugeben“. Das Linken-Vorstandsmitglied Petra Pau verwies darauf, dass die prophylaktische Speicherung aller Telekommunikationsdaten grundgesetzwidrig sei. „Sie schafft nicht Sicherheit, sie gefährdet die Demokratie.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte im März die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Der Entscheidung zufolge war die anlasslose Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten für sechs Monate ein „besonders schwerer Eingriff in das Fernmeldegeheimnis“. Die Richter erkannten aber auch an, dass die Daten „für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung“ sind. Selbst eine Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate sei unter strengen Voraussetzungen möglich.
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) geht nach der Entdeckung von Paketbomben aus dem Jemen gegen Sicherheitslücken bei der Luftfracht vor. Das Luftfahrtbundesamt hat etwa 70 Unternehmen überprüft. Drei Versandfirmen aus Nordrhein-Westfalen wurde der Status als „bekannter Versender“ entzogen. Ende Oktober war eine der im Jemen aufgegebenen Paketbomben auf dem Köln-Bonner Flughafen für den Weiterflug nach Großbritannien umgeladen und erst dort entdeckt worden.
In der Debatte über die künftige Struktur der deutschen Sicherheitsbehörden wandten sich Gewerkschafter gegen Aktionismus und politische Profilierungsversuche. Bei einer Neuordnung von Zoll, Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollte sich Koalitionspolitiker nicht gegenseitig mit Vorschlägen überbieten, mahnte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt