Mittwoch, 5. Januar 2011
(Sächsische Zeitung)
Von Annette Binninger
Der Beamtenbund will die Kürzung der Sonderzahlung rückgängig machen.
Der Welle der Empörung folgt eine Welle der Klagen. Alle 34 im sächsischen Beamtenbund vertretenen Einzelgewerkschaften und Berufsverbände werden gegen die Streichung des Weihnachtsgeldes der Beamten klagen. Das hat der Bund jetzt in einem „Offenen Neujahrsbrief“ an Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) angekündigt. „Das ist absolut sicher“, bekräftigte Beamtenbund-Chef Günter Steinbrecht auf SZ-Nachfrage. Damit formiert sich eine einzigartige Welle des Widerstandes im Freistaat.
Kurz vor dem Jahreswechsel hatten die rund 32.000 sächsischen Beamten zum letzten Mal Weihnachtsgeld erhalten. Von diesem Jahr an gibt es nichts mehr für sie, sondern nur noch für die Angestellten im Öffentlichen Dienst. Das hat der Landtag vor wenigen Wochen im Zuge des Doppelhaushalts für 2010/2011 beschlossen. Die Begründung: Auch die Beamten sollten ihren Beitrag zur Sparpolitik leisten. 23 Millionen Euro bleiben damit in der Freistaatskasse. Auf Empörung stöß dies nicht nur bei höheren Beamten wie etwa Richtern oder Staatsanwälten, sondern vor allem bei den unteren Einkommensgruppen. So fehlen etwa bei einem Polizisten dadurch jährlich rund 1.000 Euro in der Haushaltskasse.
Im „Neujahrsbrief“ an Regierungschef Tillich spart der Beamtenbund daher nicht mit Kritik am Vorgehen der Landesregierung – in ungewöhnlich scharfer Form. Von einem einem „extrem gestörten Vertrauensverhältnis“ ist die Rede. Zynisch heißt es weiter: Der Dank der Landesregierung habe im vergangenen Jahr aus „einer eklatanten Missachtung und Geringschätzung der Leistungen der Beamten, Richter und Staatsanwälte“ bestanden. Bei der Kürzung des Weihnachtsgeldes sei schlichtweg „nach Gutsherrenart“ verfahren worden.
Dutzende Beamte hätten sich bereits nach einer Klagemöglichkeit erkundigt, so Steinbrecht. Um Widerspruch einzulegen, hätten sie aber noch bis Ende des Jahres Zeit. Entsprechende Musterbriefe würden zurzeit vorbereitet. Per Musterklage sollen dann neben der Klage der Gewerkschaften auch einzelne Beamte ihre verlorene Sonderzahlung zurückfordern können. Die Gewerkschaft Verdi hat dazu allen Klagewilligen bereits Rechtsschutz angeboten.
Nächste Tarifverhandlungen
Für Angestellte gibt es dagegen zumindest derzeit keinen Grund zu neuer Besorgnis. Der Freistaat stehe „ausdrücklich zu seiner Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft der Länder“ (TdL), betonte das Finanzministerium gestern auf Nachfrage. Erst mit einem Austritt aus der TdL wäre auch ein Wegfall des Weihnachtsgeldes für Angestellte möglich. Entsprechende Gedankenspiele von Finanzminister Georg Unland (CDU) hatten zuletzt im Herbst für Irritationen und bleibendes Misstrauen gesorgt.
Mit Spannung warten nun Angestellte und Beamte auf den 4. Februar, wenn die Tarifverhandlungen für die Angestellten aller Länder beginnen. Die Gewerkschaften fordern einmalig 50 Euro und dazu ein monatliches Plus von drei Prozent – auch mit dem Hinweis darauf, dass die Beschäftigten nun endlich auch etwas vom Wirtschaftsaufschwung haben müssten. Auch die rund 70.000 Angestellten im Freistaat hoffen auf steigenden Lohn. Ihr Abschluss müsse auf die Beamten eins zu eins übertragen werden, fordert Sachsens DGB-Vize Markus Schlimbach. „Wir setzen momentan darauf, dass Sachsen seine Beamten nicht noch weiter vergraulen will.“ Den Freistaat würde solch ein Plus für Angestellte und Beamte nach Angaben des Finanzministeriums rund 225 Millionen Euro kosten.