BILD, 02.02.2011

Anti-Terror-Maßnahmen entschärft
Weniger Polizei auf Flughäfen und Bahnhöfen

De Maiziere: Gleichzeitig bestehe jedoch „kein Grund zur Entwarnung“

Von Franz Solms-Laubach und Andreas Thewalt

Es war der Herbst der Terror-Warnungen in Deutschland!

Am 17. November 2010 trat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (57, CDU) in Berlin vor die Presse und warnte vor möglichen Terror-Anschlägen in der Bundesrepublik. Heute äußerte sich der Minister im Bundesinnenministerium erneut zur Sicherheitslage und gab bekannt, dass die „sichtbaren Schutzmaßnahmen“ jetzt zurückgefahren werden.

Dazu sagte CDU-Politiker de Maiziere: Die „öffentlich wahrnehmbare Polizeipräsenz“ wird verringert. Das sei im Einvernehmen mit den Innenministern der Ländern beschlossen worden. Gleichzeitig bestehe jedoch „kein Grund zur Entwarnung“. Die Terror-Gefahr sei nach wie vor gegeben, wenn auch weniger akut.

Die im vergangenen November bundesweit angeordneten „sichtbaren Schutzmaßnahmen“ werden jetzt verringert. Das heißt, der Bund fährt seine Polizeipräsenz zurück. Die „verdeckten Maßnahmen“ zum Anti-Terror-Kampf werden jedoch weiter verfolgt.

Im Klartext bedeutet de Maizieres Ansage:

• Weniger Polizisten mit Maschinenpistolen und Schutzwesten an Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlichen Plätzen.

• Das Reichstagsgebäude in Berlin bleibt nach Angaben der Bundestagsverwaltung weiterhin streng demonstrativ streng gesichert. Seit de Maizieres Terrorwarnung im November war das Reichstagsgebäude zusätzlich mit Sperrgittern abgeriegelt worden.

• Die Reichstagskuppel und die Dachterrasse waren für Besucher kurzzeitig ganz gesperrt. Mittlerweile sind sie für angemeldete Gruppen wieder offen.

Der Innenminister weiter: „Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob unsere Maßnahmen einen Anschlag verhindert haben. Eine gute Wirkung hatten sie allemal.“

De Maiziere ist zu einer Gratwanderung gezwungen: Er will Alarmismus vermeiden um niemanden in Angst und Panik zu versetzen. Außerdem könnten allzu häufige Terrorwarnungen in der Bevölkerung auch zur Abstumpfung führen. Warnungen würden dann nicht mehr ernst genommen.

EXPERTEN SIND ZUFRIEDEN

Terror-Experte Rolf Tophoven sagte dazu BILD.de: „Der Innenminister löst damit sein Versprechen ein, den Druck in der Öffentlichkeit zu verringern, wenn die Situation es zulässt. Dadurch wird auch die Angst der Bevölkerung vor einem Anschlag deutlich abnehmen.“

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hält de Maizieres Ankündigung für einen „nachvollziehbaren Schritt“. Wendt zu BILD.de: „Die Maßnahme ist der hohen Arbeitsbelastung der Sicherheitsbehörden geschuldet. Aber: Niemand muss jetzt Angst haben, dass die Polizei künftig weniger aufpasst.“

Hintergrund: De Maiziere hatte im vergangenen Herbst gewarnt: Es gebe „Hinweise eines ausländischen Partners, nach denen Ende November mutmaßliche Anschlagsvorhaben umgesetzt werden“. Zudem gebe es auch „eigene Erkenntnisse“ über „Bestrebungen islamistischer Gruppen zu Anschlagsplanungen in der Bundesrepublik“. Es gebe konkrete Hinweise und Ermittlungsansätze für die Terrorgefahr. Die Gefahrenlage sei ähnlich hoch wie vor der Bundestagswahl 2009.

Danach wurde die Gefahrenstufe in Deutschland deutlich heraufgesetzt.

Seitdem galt in Deutschland neben einer Reihe nicht sichtbarer Terror-Vorkehrungen auch eine „sichtbare Polizeipräsenz“. Zur Vorbeugung und Abschreckung wurden mit den Ländern abgestimmte verschärfte Sicherheitsmaßnahmen insbesondere an neuralgischen Punkten wie Flughäfen, Bahnhöfen und im Berliner Regierungsviertel ergriffen. „Wir zeigen Stärke, lassen uns aber nicht einschüchtern“, betonte de Maiziere damals.

Nun heißt es mit Blick auf diese Hinweise in Sicherheitskreisen: „Da ist nach menschlichem Ermessen nichts dran.“

Der Chef der Bundespolizei, Matthias Seeger (55), sagte damals zu BILD.de: „auf einer Skala von eins – keine Gefahr – bis zehn – akute Anschlagsgefahr – liegen wir im Moment bei 9,0. Da gilt es besonders wachsam zu sein.“

Focus online, 02.02.2011

Anti-Terror-Maßnahmen entschärft
Berlin (dpa) – Im November schlug Innenminister de Maizière Terroralarm. Nach zweieinhalb Monaten erhöhter Alarmbereitschaft hat der Minister die Anti-Terror-Maßnahmen in Deutschland wieder zurückgefahren. Die Polizeipräsenz an Brennpunkten wie Flughäfen und Bahnhöfen wird verringert. Entwarnung gab der CDU-Politiker aber nicht. Es gebe weiterhin Hinweise auf terroristische Aktivitäten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat die Entscheidung von Innenminister Thomas de Maizière begrüßt.

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