Die Fronten zwischen der Polizei und den Eintracht-Ultras sind verhärtet wie selten zuvor
Drei Mal musste die Polizei in den vergangenen Wochen einschreiten, weil Ultras der Frankfurter Eintracht über die Stränge schlugen. Von einem Dialog zwischen Ordnungshütern und Fans kann keine Rede sein, den Schwarzen Peter schieben sie sich gegenseitig zu.
Von Christian Scheh und Stefan Fritschi
Frankfurt. Brodelnde Stimmung: Fußballfans haben ein Sicherheitstor des Stadions herausgestemmt und brüllen die Polizisten auf dem Rasen an. Foto: APF Es ist ein Foto wie von einem Straßenkampf: Bewaffnete Uniformierte postieren sich vor einem Tor, das niedergedrückt wurde. Dahinter reißen Fußballfans die Arme hoch, die Münder von Schreien verzerrt. Gut 100 von ihnen stürmen aufs Spielfeld, sechs werden festgenommen – die Ausschreitungen beim Eintracht-Spiel gegen den 1. FC Köln am Samstag sorgten deutschlandweit für Aufsehen, und die Ultras Frankfurt, die größte Fan-Gruppe hierzulande, machten einmal mehr negative Schlagzeilen.
Die wegen Stadion-, Stadt- und Bahnverboten ohnehin schon starren Fronten zwischen den Frankfurter Hardcore-Fans und der Polizei haben sich nach den Ausschreitungen der vergangenen Wochen weiter verhärtet: Vor dem Heimspiel gegen Kaiserslautern attackierten Ultras einen Zug mit gegnerischen Fans (5. März); und nach dem Auswärtsspiel in Mainz drangen Eintracht-Anhänger aufs Gelände der Commerzbank Arena vor (30. April).

Nach dem ersten Vorfall trat zur Aufarbeitung ein „Runder Tisch“ zusammen, an dem sich Vertreter der Polizei und der Eintracht beteiligten. Ultras waren keine dabei, was ein hochrangiger Polizist bedauert: „Wir suchen den Dialog, der kann aber nur funktionieren, wenn der Gesprächspartner daran interessiert ist.“
Das ist eher nicht der Fall: „Mit der Polizei müssen wir nicht reden, es ist doch offensichtlich, dass die uns als Feind betrachtet“, sagt ein Ultra-Insider. In Anspielung auf den Schuss nach dem Mainzer Spiel, der laut Polizei als Warnung diente, fragt er: „Warum sollen wir mit Leuten zusammenarbeiten, die auf uns schießen?“
An den Ausschreitungen hätten sich nicht nur Ultras, sondern auch andere Fans beteiligt. Und der Zorn der Ultras, die sich beteiligten, sei verständlich: „Das sind einfach Leute, die für die Eintracht leben und auch mal austicken, wenn die Spieler das 16. Mal in Folge so eine blutleere und bodenlose Vorstellung abgeben.“
In ihren Schätzungen geht die Polizei von 1000 bis 1200 Eintracht-Ultras aus – als gewaltbereit sind wohl einige Dutzend einzustufen. Dabei sind auch „Anführer“, die andere, im Grunde harmlose Fans aufstacheln. Viele der polizeibekannten „Problemfans“ haben inzwischen Stadionverbot.
Dabei war die Ultra-Szene in Frankfurt zunächst friedfertig. Nach dem ersten Bundesliga-Abstieg der SGE im Jahr 1996 entwickelte sich auf der Gegengeraden des Waldstadions eine kreative, stimmgewaltige und reisefreudige Ultra-Szene. Sie lehnte Gewalt ab und grenzte sich von den Hooligan-Gruppen wie Adlerfront ab.
Doch mit der Zeit verhärteten sich die Fronten zwischen Ultras auf der einen sowie Polizei und Ordnern auf der anderen Seite. Die Ultras wollten ihr Fan-Dasein so gestalten wie ihre italienischen Vorbilder: Außer beeindruckenden Choreographien sollte es reichlich unerlaubte Pyrotechnik geben – Konflikte blieben da nicht aus.
Die Spirale der Gewalt drehte sich wegen der unvereinbaren Gegensätze immer schneller: Nicht nur die Ultras, sondern auch Sondereinheiten des Bundesgrenzschutzes trugen mit sehr hartem Vorgehen dazu bei. So zum Beispiel bei den Aufstiegsfeierlichkeiten 2005 im Stadion und in Sachsenhausen. Solidarisierungen zwischen Ultras und Hooligans waren die Folge.
Mit den Verantwortlichen der Eintracht hatten die Ultras Frankfurt ein Verzicht auf Pyrotechnik im neuen Frankfurter Stadion beschlossen. Diese Vereinbarung hielt einige Jahre und wurde wohl wegen der dramatischen sportlichen Talfahrt beim Spiel gegen Köln gebrochen. Die große Enttäuschung schlug in Gewalt um.
Viele Untergruppen
Die Ultras Frankfurt bestehen aus mehreren Untergruppierungen, die sich in der Nordwestkurve des Stadions verteilen. Die meisten stehen im Unterrang hinter dem Tor, wo die Randale am Samstag ausbrach. Zu den wichtigsten Ultra-Gruppierungen im Eintracht-Umfeld zählen die Binding-Szene, Droogs 99, das Commando Gießen und Inferno Bad Schwalbach.
Freundschaften werden etwa zu Ultras von Waldhof Mannheim und Sachsen Leipzig gepflegt. Große Rivalitäten bestehen zu den hessischen Clubs Kickers Offenbach, SV Darmstadt 98 und Hessen Kassel.

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