Augsburger Allgemeine, 18.10.2010

Widerstand wird wohl nicht weniger

Neu-Ulm Widerstand gegen Polizeibeamte wird künftig härter bestraft: Ein vom Bundeskabinett gebilligter Gesetzesentwurf sieht vor, dass etwa ein Demonstrant, der sich bei seiner Festnahme aus dem Griff eines Beamten losreißt (ohne den Polizisten zu verletzen), für bis zu drei Jahre ins Gefängnis wandern kann. Bis dato liegt die Höchststrafe für solche Delikte bei zwei Jahren.

Widerstandshandlungen gehören quasi zum täglichen Brot der Polizei. Zumindest sogenannter einfacher Widerstand kann künftig härter bestraft werden. Foto: dpa

Polizeigewerkschafter begrüßen den Entwurf als „richtiges Signal“, haben aber durchaus Bedenken, ob mit einer Strafverschärfung das zunehmende Problem der Gewalt gegen Polizisten wirksam bekämpft werden kann.

Werner Blaha, Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Schwaben Süd/West, sagt, das Vorhaben sei „zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“. Zugleich betont er: „Wir als GdP sind damit aber noch nicht zufrieden.“

Auch Günter Hohenwarter von der Deutschen Polizeigewerkschaft (D Pol G) wertet die Pläne der Regierung „positiv“, aber nach seiner Ansicht soll und kann ein Verschärfen des Strafmaßes nicht das „alleinige Mittel“ sein, um der Polizei wieder Respekt bei den Bürgern zu verschaffen. Hohenwarter: „Wenn einer Widerstand leistet, überlegt er sich ja nicht vorher, wie die Gesetzeslage ist.“

Beide Gewerkschafter sind sich einig, dass zunehmende Gewalt ein soziales Problem ist, das allein durch schärfere Gesetze nicht in den Griff zu bekommen ist. Hier sei die Gesellschaft als Ganzes gefordert. Blaha: „Es muss klar werden: Gewalt wird nicht toleriert.“

Ohnehin seien Polizeibeamte mittlerweile vermehrt zur „Zielscheibe“ von gewaltbereiten Zeitgenossen geworden. Günter Hohenwarter sieht dahinter „eine tief greifende Grundstimmung“ in der Bevölkerung. „Polizisten in ihren Uniformen werden als Repräsentanten des Staates viel stärker wahrgenommen als etwa ein Politiker. Viele glauben deshalb, ihre Verdrossenheit am Staat und der Politik bei den Beamten ausleben zu müssen.“ Ähnlich sieht es auch Werner Blaha. Deshalb bleibe die GdP auch dabei, einen gesonderten Paragrafen einzuführen, der schon dann greift, wenn ein Polizist angegangen wird, nur weil er Polizist ist. Blaha: „Nicht erst, wenn er eine Amtshandlung vornimmt.“

Dass einfacher Widerstand schärfer bestraft werden soll, werten beide Gewerkschafter eher als „symbolische Geste“ – zumal ja die Mindeststrafe (Geldstrafe) unangetastet bleibt. Bei schwerem Widerstand – wenn etwa ein Demonstrant mit einem Knüppel auf einen Polizisten einschlägt – bleibe die Gesetzeslage ja gleich. In solchen Fällen liegen dann neben Widerstand Straftaten vor, die von Körperverletzung über versuchten Totschlag bis hin zu Mord reichen können – und die werden in der Regel härter geahndet als Widerstand. Sowohl Hohenwarter als auch Blaha sind der Überzeugung, dass „Gesetze das eine sind, ihre Anwendung das andere“. (kr)

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