Medieninformation der DPolG Sachsen

Die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen e. V. beglückwünscht die 282 Kolleginnen und Kollegen
zur bestandenen Laufbahnprüfung.
Wir freuen uns, dass sie aufgrund ihrer sehr guten Ausbildung die Organisationseinheiten der sächsischen Polizei unterstützen, und wir wünschen ihnen dazu viel Erfolg. Denn gerade in diesen herausfordernden Zeiten ist es wichtig, die Polizei Sachsen zu stärken.

Bei allen Erfolgen muss man sich aber auch die Frage stellen dürfen, warum „nur“ 282
Kolleginnen und Kollegen der Einstellung September 2019 die Ausbildung zum 01.03.2022
erfolgreich beendeten. In diesem Jahrgang wurden nachweislich 375 Beamtinnen und Beamte in
Ausbildung eingestellt. Woran liegt es, dass eine Ausfallquote von fast 25 % Verlust zu rechtfertigen
ist? Liegt es an der Attraktivität der Ausbildung oder gar an der Schwere dieser? Und was kann man
dagegen tun? Schließlich fehlen derzeit 93 Polizistinnen und Polizisten des Jahrgangs 2019 auf den
sächsischen Straßen.

Es lässt sich feststellen, dass in jedem Einstellungsjahr eine Abbruchquote zu verzeichnen ist. Das
hat vielerlei Gründe. Einerseits hat man vielleicht bereits am Anfang der Ausbildung festgestellt, dass
der Beruf eines Polizeibeamten doch nicht das ist, was man sich einst vorgestellt hatte.

Andererseits gibt es angehende Beamte, welche die Zwischen- oder Laufbahnprüfung nicht
bestehen. Und das ist prinzipiell kein neues Phänomen. In jedem Ausbildungsberuf gibt es diese
Quote. Nur muss man mit den Zahlen auch umzugehen wissen.

Rückblickend auf die letzten drei Jahre ist bei der Ausbildung in der sächsischen Polizei ein Schwund
von ca. 16% zu verzeichnen. 1575 Kolleginnen und Kollegen sollten während dieser Zeit
ursprünglich eingestellt werden, in Wirklichkeit waren es 1539. Die Ausbildung beendet haben
aber tatsächlich nur 1322.


In einem Artikel der Bildzeitung vom 23.09.2021 wurde durch das Sächsische Staatsministerium des
Innern bekanntgegeben, dass man bereits vorfristig 1000 neue Stellen für Beamte der sächsischen
Polizei geschaffen hat und dass der Innenminister, Herr Prof. Dr. Roland Wöller, klar sagte, dass „…er
davon ausgeht, dass wir sogar noch mehr Beamte haben werden“.
Wie gelingt es, 1000 neue Stellen zu schaffen, wenn bereits in der Ausbildung eine Differenz von 16%
entsteht? Rein mathematisch geht diese Rechnung nicht auf.
Wurden die Stellen nur auf dem Papier geschaffen? Werden die Reviere oder die Bereitschaftspolizei
wie versprochen unterstützt? Denn dringend notwendig wären diese Stellen, da auch die
Altersabgänge und vor allem die Frühpensionierungen stetig ansteigen. Hier bedarf es einer
Klarstellung seitens des SMI.
Die nächste Frage, die man sich folglich stellen muss, ist, wie man die Fehlstellen der letzten Jahre
kompensieren will. Mit dem Vorhaben der Senkung der Einstellungszahlen (der Ausbildung) auf 450
im Jahr 2022 und in der Folge auf 250, im Jahr 2025, kann das nicht funktionieren. Denn damit können
gerade einmal die Altersabgänge aufgefangen werden.
Somit darf der Einstellungskorridor nicht gesenkt und alle drei Polizeifachschulen müssen erhalten
werden!

In dieser Woche wurde bekannt, dass man die Polizeifachschule Leipzig und in der Folge auch die
Polizeifachschule in Chemnitz perspektivisch schließen will. Es erfolgt somit eine Verlagerung der
kompletten Ausbildung an die Polizeifachschule in Schneeberg.

Wenn man sich die o. a. Zahlen nochmals genau betrachtet, stellt man schnell fest, dass der
vorgegebene Einstellungskorridor nicht erreicht wurde. Denn für 1575 zu besetzenden Stellen
konnten nur 1539 Bewerber eingestellt werden. Unter diesem Gesichtspunkt muss sich das
Innenministerium auch die Frage stellen, warum es zu dieser geringen Zahl an Bewerbungen kam.
Ist der Polizeiberuf doch nicht so attraktiv, wie man denkt, oder spielt die Standortfrage doch eine
größere Rolle bei der Bewerbergewinnung? Eine erfolgte Auswertung hat ergeben, dass die
Polizeifachschule (PFS) in Leipzig vorrangig in der Gunst der Bewerber steht. Es gab dort bedeutend
mehr Bewerber als vorhandene Ausbildungsplätze. Nicht zuletzt liegt das an der Universitätsstadt
selbst, den mannigfaltigen Freizeitmöglichkeiten, dem ausgebauten Personen- und Nahverkehr, der
attraktiven Wohngegend und natürlich auch am sehr großen Einzugsgebiet Sachsen-Anhalt, Mittelund
Nordsachsen. Über die Hälfte aller Bewerber hatten den Erstwunsch Leipzig!
In Schneeberg hingegen ist es genau das Gegenteil! Jedoch baut man diesen Standort, trotz dieser
Erkenntnis, weiterhin aus. Entweder verschließt man sich diesen Fakten oder spielen doch finanzielle
Belange eine entscheidendere Rolle? Denn man müsste am Standort Leipzig viel investieren, um
eine zeitgemäße Ausbildung zu gewährleisten.
Mittlerweile ist es sogar schon so weit, dass Auszubildende aus Schneeberg bis zu 1000 Euro bieten,
um den Ausbildungsplatz mit einem Azubi aus Leipzig zu tauschen. Auch die Zahl der Absagen durch
die Bewerber, welche die Zusage zur PFS Schneeberg bekamen, ist nicht unbeachtlich.
Man läuft Gefahr, dass mit Bekanntwerden der Schließung der PFS Leipzig und in der Folge auch
der PFS Chemnitz die Bewerberzahl enorm sinken und man Not haben wird, geeignete
Auszubildende zu finden.

Die Information über das endgültige Aus der PFS Leipzig kam für einige Bedienstete sehr
überraschend, auch wenn es über Gerüchte hinlänglich bekannt war, dass man diesen Schritt seitens
der Führung der sächsischen Polizei zu gehen versucht.

Warum hat man dann als Innenministerium dem Parlament eine Gesetzesvorlage zur
Neustrukturierung der Aus- und Fortbildung der sächsischen Polizei mit der Maßgabe dreier
Polizeifachschulen vorgelegt, wenn man zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass es zur Schließung
der besagten Schulen kommt?

Nur durch die drei Schulen lässt sich der umfänglich ausgestaltete Verwaltungsapparat mit enormen
Personalansatz der neuen Abteilung 4 (Ausbildung) begründen. Für alle drei Schulen ist dies sogar
gerechtfertigt. Aber für perspektivisch zwei oder nur noch eine Polizeifachschule auf keinen Fall.
Wollte man den Sächsischen Landtag vor Beschlussfassung zum neuen
Polizeifachhochschulgesetz darüber hinwegtäuschen, um die neu beantragten Stellen der Abteilung
4 und die enormen finanziellen Aufwendungen für die PFS Schneeberg zu rechtfertigen?

Aus den vorgenannten Gründen fordern wir das Sächsische Innenministerium des Innern auf, die
Einstellungszahlen konstant auf derzeitigem Niveau in der Ausbildung zu belassen, alle drei
Schulstandorte zu erhalten und die Schulen entsprechend auszustatten!
Die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen e. V. ist gern bereit im Rahmen der vertrauensvollen
Zusammenarbeit Lösungsvorschläge zu unterbreiten, um zu einem gemeinsamen Ziel zu kommen.


Cathleen Martin
Landesvorsitzende

Im Archiv stöbern