Der letzte Januartag diesen Jahres war –nicht nur für mich- ein sehr spannender.
Die Sitzung des Landeshauptvorstandes der DPolG Sachsen fand an diesem Tage im Kinosaal der Dresdner Bereitschaftspolizei statt.

Aus mehreren Gründen war es für mich persönlich, wie auch für die Vertreter*innen des Kreisverbände und der Gäste, ein wichtiger Termin.

Ich hatte mich vor einiger Zeit dazu entschlossen, mich zur Wahl für die offene Funktion der Stellvertreterin der Landesvorsitzenden der DPolG Sachsen, Frau Cathleen Martin, zu stellen.

Mehrere Fragen waren in diesem Zusammenhang ausschlaggebend:

Ich bin seit 2006 Gewerkschaftsmitglied, seit 2016 in der DPolG. Eigentlich hatte ich mir zu Beginn meiner Ausbildung in Bautzen wenig Gedanken um eine Gewerkschaftszugehörigkeit gemacht. Sind wir doch mal ehrlich zu uns! Welche Auszubildenden oder Studienanfänger*innen entscheiden sich objektiv für den Eintritt in  die eine oder andere Gewerkschaft? Junge Beamt*innen halten Personalvertretungen, Gewerkschaften und ehrenamtliche Tätigkeiten für Einrichtungen aus einer anderen, einer alten Welt.

(Dennoch spart jede* gern bei der Gesetzessammlung und der Einsatztasche, die einem bei Unterschrift unter den Mitgliedsantrag angeboten wird. Ob diese auf grünem oder blauem Papier erfolgt, ist in diesem Moment egal.)

Wie können wir wieder zu unserem Soldidargedanken zurückkommen? Denn erst wenn man ein paar Jahre zur Polizei gehört, der „Adrenalin-Kick“ der ersten Einsätze verflogen ist, trotzdem jeden Tag motiviert an die Arbeit geht, Ziele verfolgt, kommt man bei Themen wie:

  • flexible familienfreundliche Arbeitsbedingungen, die einem auch ein berufliches Weiterkommen ermöglichen
  • Arbeitszufriedenheit und –motivation (neben der „Kontrolle“, ob die Bezüge auch am letzten Tag des Monats auf dem Konto sind)
  • verlässliche Vorgesetzte, im besten Falle FÜHRUNGSkräfte
  • Regressforderungen seitens der Dienststelle aufgrund von Dienstunfällen ab und an ins Grübeln.

Und diese „Liste“ ist keinesfalls als abgeschlossen zu betrachten!

Im Kolleg*innen- und Freundeskreis wird dann zu oft geschimpft und gemeckert. Ich suchte nach einer Möglichkeit, meine Kritik, aber auch Vorschläge zu Lösungsmöglichkeiten „an den Mann zu bringen“. (Ich komme nicht umhin, diese Wortspielerei dazu zu nutzen, um auszudrücken, dass wir auch im Jahre 2020 viel zu wenig weibliche Führungskräfte in der Sächsischen Polizei haben!)

Dem Motto: „besser machen als ausgeprägt meckern“ folgend, entspringt mein Interesse an dieser anspruchsvollen Funktion im Landesvorstand. Um allen Nörglern zuvorzukommen: Nein, ich langweile mich keineswegs als voll freigestellte Frauenbeauftragte und Ansprechperson für LSBTTIQ* in der Polizeidirektion Leipzig.

Heute, einen Tag nach der Wahl zur stellvertretenden Landesvorsitzenden (die mit 26 von 31 Stimmen für mich ausfiel), möchte ich mich bei euch für den mir entgegengebrachten Vertrauensvorschuss bedanken. Dafür, dass mir hoffentlich auch ein paar kritische Kolleg*innen ihre Stimme gaben und mich daher in die Lage versetzen, etwas FÜR alle Polizist*innen des Freistaats zu tun, für unsere Berufung zu sprechen und gehört zu werden.

Der zweite spannende Tagesordnungspunkt, neben Beschlussfassungen zur Höhe der Rücklaufgelder, der Geschäfts- und Kassenordnung und leider dem Ausschluss von Mitgliedern, war die Vorstellung der „BAO Via Regia“ durch Herrn POR Andreas Müller. Dieser Vortrag, sachlich und kurzweilig, warb um Sachlichkeit bei der einer recht einseitig stimmungmachenden Berichterstattung im Vorfeld. Er warb um Vertrauen bei den verschiedensten Organisationseinheiten in Sachsen, die im September ausnahmslos alle in der einen oder anderen Weise beteiligt und belastet sein werden. Vertrauen in die Arbeit des Vorbereitungsstabes und in die Polizeiführung der Einsatztage im September. (Beispielsweise wird eine Urlaubssperre oftmals als Grund für Unzufriedenheit bei den Bediensteten genannt. Für mich unverständlich, da ich mein ganzes „Polizist*innen-Leben“ mit einer Urlaubssperre zu Silvester lebte – zufrieden lebte!)

Meine ausdrückliche Zustimmung hat Herr POR Müller bei den Aussagen bekommen, die sich mit dem seit 25.01.20 (Versammlung zum indymedia-Verbotsverfahren) widersprüchlich wahrgenommenem Thema: „Deeskalation durch Kommunikation“ befasst haben. Ich darf Herrn Müller hier zitieren: „Für meine Begriffe gibt es manchmal zu wenig Kommunikation. Jeder (…in den Einsatz involvierte…) Einsatzbeamte sollte in der Lage sein, dem Bürger, oder dem polizeilichen Gegenüber, getroffene Maßnahmen zu erklären. Wir müssen die Menschen in der Lage wieder mitnehmen. Wir werden zu schnell zu stumm.“

Herr POR Andreas Müller ist mit seinen Worten auf offene, wenn auch kritische Ohren gestoßen. Lässt sich die Polizei zu viel gefallen? Ist die geforderte Einschreitschwelle zu hoch? Darüber wird man diskutieren müssen. Mit den Kolleg*innen kann und muss offen gesprochen werden. Ein erster Schritt wurde durch Herrn Müller getan. Erreichbarkeiten der BAO „Via Regia“ stehen jetzt in jedem Kreisverband der DPolG zur Verfügung. Er versicherte, dass man für jeden Vorschlag offen ist. Dank dafür!

Abschließend gilt es jetzt, an die Arbeit zu gehen. Ich bin mir eurer Unterstützung sicher. Auch dafür möchte ich noch einmal ausdrücklich Danke sagen.

Eure Susann Neuber

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