Ein Innenminister geht und ein neuer kommt. Die Ära Wöller ist beendet und nun gibt es Hoffnung auf Neues.

Liebe Mitglieder (m,w,d) liebe Kollegen und Kollegeinnen, liebe Leser und Lesserinnen,

sicher haben alle die neusten Ereignisse mitbekommen und unsere zahlreichen Pressestatements des Landesvorstandes der DPolG Sachsen gelesen.

Was hat uns dazu bewogen, an unserer Aussage, dass wir unseren damaligen Innenminister Herrn Prof. Dr.Roland Wöller nicht mehr vertrauen, festzuhalten?

Am 18. Dezember 2017 wurde Prof. Dr. Roland Wöller in sein Amt eingeführt.
Am Anfang schien alles sehr hoffnungsvoll. Bei den ersten Gesprächen und die ersten beiden Jahre zeigte er reges Interesse an der Polizei, der Meinung der Gewerkschaften und den Problemen der Kollegen. Doch leider hat sich dies dann geändert.

Es mag sein, dass die Landtagswahl 2019 alles verändert hat und der Wahlkampf danach vorbei war. Das Interesse schien verflogen und es kam eine Sache nach der Anderen.

Begonnen hat es damit, dass der Kommandoführer vom Personenschutz plötzlich abgesetzt wurde, ohne dass es offensichtliche Vorkommnisse gab. Im Anschluss wurde die Stelle ausgeschrieben und es gab mehrere Bewerbungen, wobei andere Bewerber als der Wunschkandidat die Ausschreibung gewonnen hätten. Was geschah? Die Ausschreibung wurde abgebrochen. Unseres Wissens ist diese Stelle bis heute nur kommissarisch besetzt. Das ist nicht nur traurig für den Kollegen der jetzt die Arbeit macht, ohne tatsächlich die Stelle inne zu haben, sondern auch für die Bewerber, die sich beworben hatten.

Danach kam die Fahrradaffäre in der PD Leipzig und unser Innenminister übergab die Ermittlungen an das Landeskriminalamt. Ich, Cathleen Martin, habe später nicht mehr gezählt, wie viel Kollegen mich völlig verzweifelt angerufen haben, weil sie plötzlich aufgrund einer E-Mail der Hehlerei beschuldigt und als Beschuldigter stundenlang vernommen worden. Viele der Verfahren wurden, auch dank guten Rechtschutzes, schnell als substanzlos eingestellt. Entschuldigt hat sich dafür niemand! Es ist völlig richtig, dass die ganze Sache aufgeklärt werden musste, aber kann man nicht Entschuldigung sagen, wenn man Kollegen zu Unrecht verdächtigt hat? Hier stellt sich die Frage: „Was ist mit den Führungspersonen passiert, welche dort eigentlich die Führungsaufsicht hatten?

Weiter ging es dann mit dem Skandal um die Stickereien im Fahrzeug des SEK. Der Freistaat hat diese veranlasst und bezahlt. Wieder wurde ein kleiner Beamter dafür zur Rechenschaft gezogen.

Im Anschluss kam die Munitionssache des mobilen Einsatzkommandos Dresden, welches darauf sofort vollständig aufgelöst wurde. Es wurde kein Unterschied gemacht, ob die Kollegen daran beteiligt waren oder nicht. Die Unschuldsvermutung spielte hier wohl keine Rolle. Man wurde versetzt, ob man schuldig war oder nicht. Alle wurden vorverurteilt und kein einziger Kollege kam nach Einstellung seines Verfahrens wieder zurück zum Kommando. Hätte man als Minister die Sache nicht erst ausreichend prüfen und vorher den Hauptpersonalrat von den Maßnahmen informieren können? Müssen wir als Gewerkschaft und als Personalräte immer alles aus der Presse erfahren?

Natürlich, das darf man nicht vergessen, dass nach den Verfehlungen an der FH Rothenburg die Staigis-Kommission eingerichtet wurde. Ich, Cathleen Martin, war als Landesvorsitzende DPolG dort über Stunden zu Gast und habe klar und deutlich über die Missstände in unserer Polizei gesprochen. Es tat manchmal weh diese Worte auszusprechen, denn diese Polizei wie sie jetzt ist, ist nicht die Polizei, die ich einmal kannte. So extrem hat sich die Polizei leider in den letzten fünf Jahren verändert.  Es gab einen ersten Bericht der Kommission, welche alles aufarbeitete. Aber leider änderte sich nichts. Eine zweite Kommission gab es dann nach den Vorfällen mit dem MEK, doch leider haben wird als Gewerkschaft bis heute diesen Bericht nicht erhalten. Immer wenn man etwas von uns als Gewerkschaft wollte, kannte man unsere Adresse. Mit uns danach aber zusammenzuarbeiten und uns ein Feedback zu geben, das gab es so gut wie nie.

Auch in punkto Stellenberechnung wurden wir jedes Mal gefragt. Wir als Gewerkschaft haben uns über Tage hingesetzt und haben den Stellenbedarf von über 15000 Kollegen berechnet und begründet. Am Ende bekamen wir noch nicht einmal die Berechnung des Ministeriums zur Ansicht. Was ist da los? Wie soll man jemanden vertrauen, der kein Vertrauen entgegenbringt. Wie bitte soll man sich auf seinen obersten Dienstherren verlassen, wenn dieser gleich zu einem riesigen Rundumschlag ausholt, ohne vorher zu prüfen, wer schuldig ist und wer nicht.

Wie kann es sein, dass Führungskräfte die nicht widersprechen den Karriere-Berg steil nach oben steigen und Führungskräfte, die auch mal konstruktive Kritik üben, am Fuße des Berges verharren müssen. Ist Ehrlichkeit nicht mehr gefragt oder zählen freundschaftliche Beziehung untereinander mehr als Eignungen für eine Stellenausschreibung? Haben nicht alle das Recht sich auf jede Stelle in Sachsen zu bewerben, unabhängig zu welcher Einheit sie gehören? Sind wir nicht alle Beamte des Freistaates Sachsen?

Was ist mit dem prüfungsfreien oder prüfungserleichterten Aufstieg in der Polizei? Die Laufbahnverordnung gibt es her! Offenbar funktionierte es nur, wenn man von der Polizei in unmittelbarer Nähe des Ministers wechselt. Ich, Cathleen Martin, hatte den Minister persönlich darauf angesprochen und bekam die Antwort, dass ich mich doch darüber freuen soll und ob ich schon mal was vom Frauenförderplan gehört habe. Ja das habe ich! Ich bin ja schließlich auch eine Frau und möchte auch, dass Frauen trotz Familie Erfolg haben können. Dennoch gilt für mich, dass für alle, egal in welcher Laufbahngruppe und egal welchen Geschlechtes, gleiche Aufstiegsmöglichkeiten bestehen sollten. Wie kann es denn sein, dass ein Landespolizeipräsident gefragt wird, ob er um ein Jahr verlängert, damit man eine Personalie, welche man vorher auf eine geeignete Stelle gesetzt hat, ein Jahr später den Posten des Landespolizei Präsident/Präsidentin übernehmen kann?

Was tun wir bitte in unserer Polizei in Sachsen?

Sollte nicht die Person eine Stelle bekommen, die am fähigsten ist und nicht die, welche die meisten oder engsten Beziehungen hat? Wie kann es sein, dass man einen Präsidenten seines Amtes enthebt, obwohl er alles daran gesetzt hat einen Missstand in seiner Einheit aufzudecken und aufzuarbeiten? Wie kann es sein, dass wir immer davon sprechen, dass wir nicht genügend Höhere Dienste haben und dann ein Inspekteur der Polizei (der sich zwar offiziell nach außen so nennen, aber nach innen in der Signatur nicht so präsentieren darf) zum Sicherheitschef der staatlichen Kunstsammlung werden soll? Es gab sonderbare Wege, die in unserer Polizei gegangen wurden.

Die DPolG Sachsen kann nur hoffen, dass dies jetzt zu Ende ist.

Wir als Polizei stehen für Recht und Ordnung, das sollte auch in unseren Reihen gelten. Unser Innenminister als oberster Dienstherr sollte immer unser Vorbild sein.  Das erwarten wir einfach! Wie bitte sollten wir als DPolG Sachsen vertrauensvoll mit unserem Innenminister zusammenarbeiten, der uns in seinen Entscheidungen nicht mitnimmt?

Der ehemalige Innenminister, Prof. Dr. Roland Wöller, verkaufte unseren Kollegen die Mogelpackung einer Übernahme der Zulagen für ungünstige Zeiten des Bundes als Erfolg. Doch durch Dienstzeit-Paarungen haben manche Kollegen eine Kürzung erfahren. Ist das fair und ehrlich? Man versprach, diese Mogelpackung ein halbes Jahr nach der Einführung, erneut zu betrachten. Doch keiner sagte uns, wann dieses Halbjahr angefangen hat oder anfängt. Betrachtet und angefasst wurde dieses Thema bisher nicht. Wie kann ein Minister zulassen, dass sein Ministerium in der Corona Zeit fast vollständig ins Home-Office geht und bei der Polizei, obwohl es bei einer Vielzahl von Stellen zum Schutz der Bediensteten möglich gewesen wäre, nur wenige diese Möglichkeit bekamen? Wie kann es sein, dass ein Minister es duldet, dass ein Teil der Schreibkräfte der Polizei in der Entgeltgruppe 5 und andere in der Entgeltgruppe 3 bezahlt werden?

Diese und ganz viele andere Fakten haben uns feststellen lassen, dass wir als Vertreter der DPolG Sachsen, kein Vertrauen mehr in unserem ehemaligen Innenminister hatten.

Das Gespräch am 19.April 2022 konnte keine Abhilfe schaffen. Es war schon merkwürdig am grünen Donnerstag gegen 17:00 Uhr, durch das Ministerium, für den folgenden Dienstag um 14:00 Uhr geladen zu werden. Keiner der drei Gewerkschaften wusste, worum es genau in diesem Gespräch gehen sollte. Ich, Cathleen Martin, als Landesvorsitzender war bei dem Gespräch mit unserem damaligen Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller, unserem Landespolizeipräsidenten Jörg Kubiessa, Frau Silvaine Reiche und den Vorsitzenden der anderen beiden Gewerkschaften anwesend. Dazu sei nur so viel gesagt: Ich kam mir vor als säße ich auf einer Anklagebank und sollte erörtern welche Sachverhalte wir unserem damaligen Innenminister vorwerfen. Die Antworten darauf waren für mich immer nur Ausflüchte. Kein Wort zu eigenen Fehlern oder Versäumnisse. Hagen Husgen und ich, wir waren uns einig, dass sich an unserer Forderung zum Rücktritt von Prof. Dr. Roland Wöller nichts ändern wird.

Jetzt hat unser Ministerpräsident Michael Kretschmer entschieden und wir sehen dies als Chance, mit einem ehemaligen Bundespolizisten als Innenminister von Sachsen neu zu starten. Hoffentlich wird unsere Polizei wieder das, was sie einmal war. Wir hoffen auf gute Zusammenarbeit mit unserem neuen Innenminister Armin Schuster und heißen ihn in Sachsen gern willkommen. Wir freuen uns, dass er diese verantwortungsvolle Aufgabe übernommen hat und gemeinsam mit unserem neuen Landespolizeipräsidenten Jörg Kubiessa, einen hoffentlich neuen Weg eingeschlagen wird. Beiden wünschen wir viel Glück und Erfolg im neuen Amt.

Cathleen Martin

Landesvorsitzende DPolG Sachsen

 

 

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